Outplacement-Beratung: Finanzverwaltung sieht diese nicht als Weiterbildung

Seit 01.01.2019 gilt für Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen, eine Steuerbefreiungsvorschrift ‒ § 3 Nr. 19 EStG. Jetzt hat sich die Finanzverwaltung erstmals zu deren Anwendungsbereich im Bereich Outplacement-Beratungen geäußert und sieht viele Bestandteile von Outplacement-Beratungen nicht als begünstigte Weiterbildungsleistungen an, sondern unterstellt steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Berufliche Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers führen beim Arbeitnehmer nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden.

Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers ist anzunehmen, wenn die Maßnahme die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb erhöhen soll. Ein Indiz hierfür ist die (wenigstens) teilweise Anrechnung auf die Arbeitszeit des Arbeitnehmers. Aber auch bei Maßnahmen, die ausschließlich in der Freizeit des Arbeitnehmers stattfinden, kann ein ganz überwiegendes betriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliegen.

Bereits zum 01.01.2019 wurde mit dem „Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung“ die Weiterbildungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit verbessert. Weiterbildungen, die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über eine arbeitsplatzbezogene Fortbildung hinausgehen, werden im Rahmen des § 82 SGB III gefördert.
Das Gesetz spricht von Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers. Begünstigt sind damit lediglich Arbeitnehmer, nicht aber z. B. selbstständige Handelsvertreter eines Unternehmens. Die Leistungen muss der (eigene) Arbeitgeber gewähren; bei Leiharbeitnehmern ist das somit der Verleiher.

Unter die Weiterbildungsleistungen nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB III fallen Maßnahmen, die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über eine arbeitsplatzbezogene kurzfristige Fortbildung hinausgehen. Der Berufsabschluss muss bei einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren in der Regel mindestens vier Jahre zurückliegen. Der Arbeitnehmer darf in den letzten vier Jahren vor Antragsstellung nicht an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben, die nach dieser Vorschrift gefördert wird. Die Maßnahme muss von einem zugelassenen Träger durchgeführt werden und mehr als 120 Stunden dauern.

Ziel der Förderung muss die Weiterbildung von Arbeitnehmern sein, deren Arbeitsplatz durch Technologie ersetzt wird oder die in anderer Weise von einem Strukturwandel betroffen sind, oder die Weiterbildung in einem Engpassberuf. Weiterbildungsmaßnahmen von Arbeitnehmern in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten werden gefördert, wenn der Arbeitnehmer mindestens 45 Jahre alt oder schwerbehindert ist. Ausgeschlossen von der Förderung ist die Teilnahme an Maßnahmen, zu deren Durchführung der Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen verpflichtet ist.
Voraussetzung für die Förderung ist ein angemessener Arbeitgeberbeitrag zu den Lehrgangskosten, der sich nach der Betriebsgröße auf Grundlage der Beschäftigtenzahl richtet.
Dieser Arbeitgeberbeitrag wird durch § 3 Nr. 19 1. Alternative EStG steuerfrei gestellt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse vorliegt, wenn der Arbeitgeber solche Bildungsmaßnahmen finanziert, sodass die gesetzliche Regelung für Rechtssicherheit sorgen sollte.

§ 3 Nr. 19 Alt. 2 EStG stellt darüber hinaus Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers steuerfrei, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen. Für diese ist keine Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit notwendig.
Nach der Gesetzesbegründung gilt die Steuerfreiheit z. B. für Sprach- oder Computerkurse, die nicht arbeitsplatzbezogen sind, aber eine Anpassung der beruflichen Kompetenzen des Arbeitnehmers ermöglichen ‒ und ihn somit befähigen, berufliche Herausforderungen besser zu bewältigen. Die Weiterbildung darf keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben.

Outplacement-Beratungen und § 3 Nr. 19 EStG
Unter dieses Ziel „Förderung der Beschäftigungsfähigkeit“ könnte man auch ein „Fit-machen für den Arbeitsmarkt“ verstehen. Solche Trainings werden häufig im Rahmen von Outplacement-Beratungen durchgeführt.

Outplacement-Beratungen dienen dazu, Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz bedroht ist oder die bereits einen Aufhebungsvertrag unterschrieben haben, bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu unterstützen. Im Regelfall werden hierzu die berufliche und private Situation des Arbeitnehmers und seine beruflichen Perspektiven analysiert. Dabei wird ein Qualifikationsprofil erstellt und ggf. weiterer Fortbildungsbedarf identifiziert.

Der Arbeitnehmer wird auch bei der Bewerbung für einen neuen Arbeitsplatz (Erarbeitung der Bewertungsunterlagen, Vorbereitung von Bewerbungsgesprächen) und ggf. in Bezug auf den neuen Arbeitsvertrag unterstützt. Die Beratung kann als Einzelberatung oder als Gruppen-Outplacement stattfinden. Arbeitgeber bieten solche Leistungen neben einer finanziellen Abfindung oft Arbeitnehmern an, die im Zuge von Restrukturierungs- oder Sanierungsmaßnahmen aus dem Unternehmen ausscheiden müssen.

Die Finanzverwaltung hat sich nun in Gestalt der OFD Nordrhein-Westfalen dazu geäußert, inwieweit die Steuerbefreiung auch auf Outplacement-Beratungen angewendet werden kann. Die OFD vertritt folgende Auffassung:

Eine Outplacement-Beratung wird nicht als Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers angesehen. Das bedeutet, dass dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zufließt, der ggf. nach § 3 Nr. 19 EStG steuerfrei sein kann. Wenn die Arbeitnehmer erst nach Abschluss des Aufhebungsvertrags zur Teilnahme von Bestandteilen einer Outplacement-Beratung berechtigt sind, fließt ihnen keine einheitliche Leistung zu. Für jede Teilleistung muss separat beurteilt werden, ob § 3 Nr. 19 EStG erfüllt ist.

Der BFH hat bereits 2001 entschieden, dass eine Einzel-Outplacement-Beratung keine Leistung im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers darstellt. Im Urteilsfall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Aufhebungsvertrag ein Budget zugesagt, das er für eine Outplacement-Beratung verwenden konnte. Den Betrag, den er nicht für die Beratung benötigte, konnte er sich auszahlen lassen. Der BFH kam zum Schluss, dass in dem Fall die Beratungsleistung Teil der Abfindung sei und als sog. ergänzende Entschädigungszusatzleistung aus sozialer Fürsorge unschädlich für die Anwendung der Fünftel-Regelung für die Abfindung ist, selbst wenn der Zufluss in einem anderen Jahr als die Abfindung selbst erfolgt.

Aus all dem folgt: Eine Einzel-Outplacement-Beratung ist keine Leistung im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers und fällt aus Sicht der Finanzverwaltung auch nicht unter § 3 Nr. 19 EStG.

Für die Einzel-Outplacement-Beratung bedeutet das steuerlich Folgendes:

• Nimmt der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber angebotene und finanzierte externe Outplacement-Beratung in Anspruch, sind die vom Arbeitgeber gezahlten Beträge beim Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil. Dieser fließt in dem Zeitraum zu, in dem der Arbeitnehmer die Beratungsleistung in Anspruch nimmt. Umgekehrt gilt: Nimmt der Arbeitnehmer die Outplacement-Beratung nicht in Anspruch, liegt kein Arbeitslohn vor.
• Outplacement-Leistungen werden regelmäßig im Rahmen von Aufhebungsvereinbarungen zugesagt. Sie sind dann Teil der „Abfindung“ und
o können mit der Fünftel-Regelung ermäßigt besteuert werden (§ 34 EStG) bzw.
o sind beitragsfrei in der Sozialversicherung.
• Der Arbeitnehmer kann die Kosten für die Outplacement-Leistungen im Regelfall in voller Höhe als Werbungskosten abziehen. Die Kosten lassen sich auch dann voll abziehen, wenn der Wert der Outplacement-Beratung als Teil der Abfindung mit der Fünftel-Regelung ermäßigt besteuert wurde. Im Ergebnis bleibt die Outplacement-Beratung daher in den meisten Fällen steuerfrei. Nur bei Arbeitnehmern, die den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von derzeit 1.000 Euro nicht durch andere Werbungskosten ausschöpfen, verbleibt insoweit eine steuerliche Belastung.
Hätte man die Outplacement-Beratung über § 3 Nr. 19 2. Alternative EStG steuerfrei gestellt, hätte man Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) von all dem administrativen Aufwand entlastet.

Qualifikations- und Trainingsmaßnahmen im eigenbetrieblichen Interesse

Weiterhin als Leistung im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers angesehen werden
• dem SGB III entsprechende Qualifikations- und Trainingsmaßnahmen,
• die der Arbeitgeber oder eine zwischengeschaltete Beschäftigungsgesellschaft
• im Zusammenhang mit Auflösungsvereinbarungen
erbringt.

Wermutstropfen hier: Leider stellen die Finanzämter unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis, dass die Maßnahme dem SGB III entspricht. Auch hier hätte die Anwendung des § 3 Nr. 19 Alt. 2 EStG erhebliche Erleichterungen bringen können.

 

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