Mit Entgeltoptimierung und bAV die Mitarbeitenden entlasten

Hier finden Sie den Beitrag, wie er in der Ausgabe HR Performance 3/2022 erschien oder Sie lesen den Beitrag direkt im folgenden Text.

Die letzten Jahre haben uns vor gänzlich neue Herausforderungen im Bereich HR und Vergütung gestellt. Die Aufgaben lagen mit einem großen Schwerpunkt plötzlich auf der Berechnung von Kurzarbeit und auf der nicht weniger umfangreichen und komplexen Berechnung von Erstattungen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes und den damit verbundenen Antragstellungen.

Überlegungen aus dem Bereich der Vergütungsstrukturen zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung waren dabei oftmals in den Hintergrund zu geraten. Spricht man allerdings mit den HR-Experten der Arbeitgeber, verändert sich das Bild. Insbesondere durch die derzeitige Inflation haben viele Arbeitnehmer einen wesentlich genaueren Blick auf das, was wirklich netto bei ihnen ankommt.

DAS NEUE STEUERENTLASTUNGS-GESETZ 2022

Das Steuerentlastungsgesetz aus dem Mai 2022 hat dazu sein Übriges getan: Das Bundeskabinett hat am 16. März 2022 den Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022 beschlossen. Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf folgende steuerliche Entlastungsmaßnahmen vor:

  • Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags auf 1.200 Euro rück-wirkend zum 1.Januar 2022,
  • Anhebung des Grundfreibetrags für 2022 auf 10.347 Euro,
  • Anhebung der Entfernungspauschale auf 38 Cent: Ab dem 21. Kilometer wird die bis 2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale auf 38 Cent bereits auf das Jahr 2022 vorgezogen.

Diese umfangreichen Pakete hatten für den einzelnen Arbeitnehmer abhängig von der Höhe des Einkommens eine Nettoerstattung von regelmäßig 30 bis 90 Euro zur Folge, bei besonders hohen Einkommen auch mehr als 100 Euro, dies aber betrachtet als Rückerstattung bei der Umsetzung des Gesetzes in den Monaten Juni bzw. Juli 2022 auf den Monat Januar 2022. Pro Monat sprechen wir also von einer Auswirkung von ca. 5 bis 20 Euro je Arbeitnehmer durchschnittlich netto. Dies zeigt wieder deutlich: Steuerentlastungen machen sich bemerkbar und sind mit großem Aufwand verbunden. Trotzdem verbleiben nur überschaubare Beträge beim Arbeitnehmer.

GEHALTSEXTRAS

Die Grundüberlegung, dass von einer Gehaltserhöhung oder einer einmaligen Sonderzahlung im Netto oftmals nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherung nur rund die Hälfte verbleibt, stellt sich hier wieder vehement in den Vordergrund — und macht damit wieder das Feld frei für die sogenannten „Gehaltsextras“, die auch für den Arbeitgeber eine gute Alternative zur Gehaltserhöhung darstellen, da sich beide Parteien in der Regel Sozialversicherungsbeiträge und darüber hinaus die Arbeitnehmer Lohnsteuer sparen. Allerdings sind diese Ansätze meist mit besonderen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten verbunden, sodass hier eine generelle Abwägung Aufwand versus Nutzen ausgeführt werden sollte.

Nachfolgend stellen wir verschiedene Möglichkeiten der Entgeltoptimierung in vereinfachter Form stichpunktartig dar. Bitte beachten Sie, dass diese Aufstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, da es in diesem Umfeld mittlerweile extrem viele Ansätze gibt: Wir möchten den Fokus lieber auf die Umsetzbarkeit in der Praxis legen.

SACHBEZÜGE UND GESCHENKE

Starten wir mit den Sachbezügen und Geschenken, da diese je nach Ansatz monatlich oder zu bestimmten Anlässen gewährt werden können und in der Regel recht einfach in der Umsetzung sind. Sachbezüge (z.B. Tankgutschein) müssen seit 1.Januar 2020 sehr genau geprüft werden, da manche Sachverhalte, die früher als Sachbezug galten, nach der neuen Festlegung des BMF als Geldleistung interpretiert werden, z.B. sogenannte zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen. Echte Sachbezüge sind damit z.B. Tankgutscheine, Einkaufskarten (z.B. IKEA), Einkaufsgutscheine (Bücher, Essen etc.). Diese unterliegen seit dem 1.1.2022 einem monatlichen Höchstbetrag gemäß § 8 II S. 11 EstG von 50 Euro und bleiben komplett steuer- und sozialversicherungsfrei.

Darüber hinaus gibt es die sogenannten Aufmerksamkeiten, also Geschenke aus besonderem Anlass. Darunter versteht man in der Regel Sachzuwendungen als nicht lohnsteuerpflichtige Aufmerksamkeiten (Blumen, Bücher, CDs etc.), die dem Mitarbeiter aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses (Geburtstag, Hochzeit, Geburt eines Kindes) bis zu einer Grenze von 60 Euro (inklusive Umsatzsteuer) gewährt werden können. Wichtig ist, übersteigt die Sachzuwendung den Freibetrag von 60 Euro, wird der komplette Beitrag steuer- und sozialversicherungspflichtig. Die gesetzliche Grundlage findet sich in R 19.6 LStR 2015-2020.

KINDERGARTENZUSCHUSS UND NOTBETREUUNG

Neben den allgemeinen Geschenkoptionen erfreuen sich Erstattungen betreffend der „Finanzierung“ von Kindern bei den Arbeitnehmern großer Beliebtheit. Hier unterscheidet man den Kindergartenzuschuss für die Unterbringung und Verpflegung nicht schulpflichtiger Kinder in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten. Dieser verbleibt steuer- und sozialabgabenfrei im Sinne des § 3 EStG. Vom Kindergartenzuschuss umfasst sind auch finanzielle Zuwendungen für die Betreuung in (außer-)betrieblichen Kindergärten, Kindertagesstätten, durch Tagesmütter, in Ganztagspflegestellen. Nicht möglich ist der Einsatz von Kindermädchen oder die Vergütung im Rahmen der Betreuung durch die Großmutter o.Ä. Grundvoraussetzung ist, dass dieser zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird (BFH-Urteil VI R 54/11).

Nachweise über Kosten sollten immer im Original als Belege zum Lohnkonto aufbewahrt werden oder aber — bei nicht vollständiger Übernahme der Kosten — der Betrag, der erstattet wurde, auf dem Original der Rechnung mit Stempel des Arbeitgebers schriftlich bestätigt und dann an den Arbeitnehmer zurückgesendet werden. So wird verhindert, dass ein Beleg mehrfach zu Erstattungszwecken eingesetzt wird. Die gesetzliche Grundlage findet sich im Detail in § 3 Nr. 33 EStG; R 3.33 Abs. 3 LStR, R 3.33 LStR.

Als zweite Variante im Bereich Kinder gibt es die sogenannte „Notbetreuung“, in deren Rahmen man Betreuungsleistungen steuerfrei bezuschussen kann. Dabei zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zu Aufwendungen der Arbeitnehmer für kurzfristige Betreuungsleistungen ihrer Kinder und pflegebedürftigen Angehörigen. Voraussetzung ist, dass die kurzfristige Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen (Betreuung kann auch im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfinden) notwendig wurde. Dann verbleibt ein Zuschuss von maximal 600 Euro steuerfrei. Nicht begünstigt werden Stiefkinder, Enkelkinder und Kinder eines mit dem Arbeitnehmer zusammenlebenden Elternteils, § 63 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EstG. Auch hier ist ein Nachweis durch Aufnahme der entsprechenden Unterlagen zu erbringen. Die gesetzliche Grundlage bildet § 3 Nr. 34a EStG.

FAHRTKOSTENZUSCHUSS UND FAHRTNEBENKOSTEN

Ebenfalls großer Beliebtheit erfreuen sich nach wie vor sämtliche Ansätze zur Entlastung der Kosten für Fahrten von zu Hause aus ins Büro. Auch wenn der Umfang der Fahrten oftmals durch Corona deutlich reduziert wurde, kommt der Thematik insbesondere unter dem Gesichtspunkt der steigenden Energiepreise nach wie vor eine große Bedeutung zu.

Hier unterscheidet man den Fahrtkostenzuschuss, der zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vergütet wird. Hier zu berücksichtigen sind 15 Prozent Pauschalsteuer, es bleibt bei SV-Freiheit, und die Pauschalversteuerung führt zum Verlust des Werbungskostenabzugs. Gesetzliche Grundlage ist hier § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG, R 40.2 Abs. 6 Nr. 2 bb) LStR (§ 40 Rn. 25 EstG Kirchhof/Eisgruber).

Eine weitere Alternative ist das Jobticket. Hier gilt, dass die Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit ÖPNV zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstelle gewährt werden, steuerfrei verbleiben können, so legt es § 3 Nr. 15 EStG fest. Begünstigt sind insbesondere Fahrberechtigungen in Form von Einzel- / Mehrfahrtenfahrscheinen, Zeitkarten (z.B. Monats-Jahrestickets, Bahncard 100), allgemeine Freifahrberechtigungen, Freifahrberechtigungen für bestimmte Tage (z.B. bei Smogalarm) oder Ermäßigungskarten (z.B. Bahncard 25)

Wenn Mitarbeiter mit dem Privatfahrzeug zur Firma fahren, stehen sie häufig vor der Herausforderung der Parkplatzsuche, und damit kann eine Erstattung von Parkkosten an der ersten Tätigkeitsstätte für das Privatfahrzeug von großem Interesse sein. Der Arbeitgeber kann seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Parkplatz für das Privatfahrzeug an der ersten Tätig-keitsstätte steuerfrei überlassen, wenn von einen überwiegend betrieblich en Interesse des Arbeitgebers auszugehen ist, also die Vorteile keinen Arbeitslohn darstellen. In der Praxis ist es damit möglich, dem Arbeitnehmer einen Stellplatz in einem Parkhaus in unmittelbarer Nähe zur regelmäßigen Arbeitsstätte anzumieten und ihm diesen unentgeltlich zu überlassen.

Nicht steuerfrei ist dagegen die Erstattung von Parkgebühren des Arbeitnehmers für das Parken an der ersten Tätigkeitsstätte bzw. bei Park & Ride am Bahnhof; also die Erstattung der Kosten, die der Arbeitnehmer selbst aufzubringen hat.

HOMEOFFICE

Da viele Arbeitnehmer nach wie vor noch aus dem ‚Homeoffice tätig sind, wird immer wieder die Homeoffice-Pauschale hinterfragt. Daher noch einmal zur Klarstellung. Diese gibt es nur im Rahmen der Einkommensteuererklärung und nicht über den Arbeitgeber zur Auszahlung.

Der Arbeitgeber kann aber den Einsatz im Homeoffice, z.B. durch die sogenannte Internetpauschale, unterstützen. Auch diese muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (BFH-Urteil VI R 54/11). Sie wird mit 25 Prozent Pauschalsteuer belegt und ist sozialversicherungsfrei. Grundlage sind die Aufwendungen für die Internetnutzung, laufende Kosten (z.B. Grundgebühr für den Internetzugang) und Kosten der Einrichtung des Internetzugangs (z.B. ISDN-Anschluss, Modem, AfA PC). Aus Vereinfachungsgründen kann der Arbeitgeber den Betrag für die laufende In-ternetnutzung pauschal versteuern, soweit dieser gemäß Erklärung des Arbeitnehmers 50 Euro im Monat nicht übersteigt. Der Antrag beinhaltet nicht nur den Anschluss, sondern auch die Hard- und Software. Die Praxis zeigt aber, dass die Finanzämter lediglich noch Beträge bis zu maximal 30 Euro auf Basis der Bestätigung gewähren, höhere Kosten müssen dann durch Rechnungen belegt sein. Die gesetzliche Grundlage findet sich hier in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG, R 40.2 Abs. 5 LStR.

Alternativ kann die private Handynutzung bezuschusst werden, bzw. es kann eine Überlassung von Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten erfolgen. Generell darf ein Arbeitnehmer bei der Überlassung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und anderen Telekommunikationsgeräten (betriebliches Tablet, Handy, PC) eine Privatnutzung hier steuer- und sozialversicherungsfrei vornehmen. Wichtig dabei ist, dass das Gerät nicht in das Eigentum des Arbeitnehmers übergehen darf; der Arbeitgeber muss Eigentümer, Leasingnehmer oder Mieter des Telefons/Handys bleiben.

Ein Zuschuss zum Handy / Telefon ist denkbar auf Basis von Einzelkostennachweisen, in denen der Arbeitnehmer die betrieblichen Kosten markiert und nachweist. Wenn dies über einen Zeitraum von drei Monaten vorgelegt wird, ist auf dieser Basis eine steuer- und SV-freie Erstattung möglich. Mit der Kleinstbetragsregelung auf Basis von 20 Prozent der Telefonrechnung oder maximal 20 Euro Bezuschussung kann dies noch etwas vereinfacht werden. Die gesetzliche Grundlage bildet dann § 3 Nr. 45 EStG, R 3.45 LStR.

BETRIEBLICHE ALTERS VORSORGE

Abrundend zu den bereits benannten Ansätzen sollen noch die Sicherungsmaßnahmen des Arbeitgebers hier Berücksichtigung finden, so insbesondere die Maßnahmen zur betrieblichen Altersvorsorge. Jeder Arbeitnehmer hat gemäß § 1 a BetrAVG Rechtsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber, einen Teil seines vereinbarten Arbeitsentgelts für die betriebliche Altersvorsorge zu verwenden. Besonders bekannt und in der Praxis anzutreffen sind die Beiträge an Direktver-sicherungen und teils auch Pensionskassen oder Pensionsfonds, die zunächst bis zu 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steuerfrei verbleiben. Der frühere zusätzliche Höchstbetrag von 1.800 Euro ist nicht mehr verfügbar.

Der sozial versicherungsfreie Höchstbetrag liegt weiterhin bei 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung. Sollte vor dem 1. Januar 2018 mindestens ein Betrag des Arbeitgebers zum Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge an eine Direktversicherung oder Pensionskasse pauschal besteuert worden sein, so bleibt § 40b EStG a.F. das ganze Leben lang anwendbar.

Besonders zu empfehlen ist die Festlegung einer einheitlichen Herangehensweise betreffend der Arbeitgeberzuschüsse: Bereits seit 2019 müssen Arbeitgeber für Neuverträge in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent der Entgeltumwandlung zahlen. Seit dem 1. Januar 2022 gilt diese Regelung auch für Altverträge. Hier kann man durch die Wahl von verschiedenen Berechnungsformeln den Aufwand in der Bearbeitung und die Einbeziehung der Versicherungen in diese Maßnahmen sehr gering halten Die gesetzliche Grundlage findet sich hier in § 3 Nr. 63 S. 1 und § 4d EStG.

 

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