Die steuerfreie Corona-Prämie von 1.500 Euro in der Praxis

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 eine steuerfreie Prämie von bis zu 1.500 Euro gewähren.

Das BMF hat geregelt, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern finanzielle Zuschüsse oder Sachzuwendungen steuerfrei gewähren können. Voraussetzung ist aber, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die Umwandlung von bereits vertraglich gewährten Prämien ist also nicht möglich. Arbeitgeber sollten am besten in einem Begleitschreiben darauf hinweisen, dass die Arbeitnehmer die Leistung bzw. Zahlung zusätzlich erhalten. Außerdem sollten sie die Leistung bzw. Zahlung ausdrücklich unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt stellen. Sie sollten darauf achten, dass sie den Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich formulieren, eine Musterformulierung / Corona-bedingte Einmalzahlung könnte wie folgt lauten:

„Die Gewährung der einmaligen Zahlung (in Höhe von … Euro) aufgrund der Corona-Krise erfolgt durch den Arbeitgeber freiwillig als sonstige Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. Die Zahlung soll die zusätzlichen Belastungen unserer Mitarbeiter aufgrund der Corona-Krise abmildern. Ein Rechtsanspruch auf die wiederholte Gewährung einer solchen freiwilligen Zahlung für die Zukunft entsteht nicht; auch nicht nach mehrmaliger vorbehaltloser Zahlung. Diese Zahlung erfolgt aufgrund einer durch den Arbeitgeber jeweils gesondert zu treffenden Entscheidung. Eine Steuerfreiheit ist in R 3.11 Abs. 2 LStR in Verbindung mit dem BMF-Schreiben vom 09.04.2020 (Az. IV C 5 ‒ S 2342/20/10009 :001) begründet“.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung werden Leistungen des Arbeitgebers nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht, wenn
• die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
• der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
• die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt
• bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.

Dies gilt im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist.

Eine Teilfreistellung des generellen monatlichen Arbeitslohns ist damit unzulässig. Auch eine Gehaltsumwandlung scheidet für den Freibetrag aus.

Sicher ist dafür, dass die Corona-Prämie beitragsfrei in der Sozialversicherung verbleibt, denn dem Arbeitsentgelt sind Einnahmen nicht zuzurechnen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat diese Auffassung bestätigt.

PRAXISTIPP: Arbeitgeber müssen darauf achten, dass bei der Zahlung der Corona-Prämie Bezug auf die Corona-Krise genommen wird. Verzichten Arbeitgeber in der Corona-Krise aus wirtschaftlichen Gründen auf die jährliche Gehaltserhöhung oder die jährliche Auszahlung von Prämien, können diese unter Bezug auf die Corona-Krise eine Corona-Prämie zahlen. Das ist möglich und führt unter Einhaltung der Voraussetzungen zur Steuerfreiheit der Zahlungen.
Grundlage der Regelung sieht das BMF in § 3 Nr. 11 ESt, der u. a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei stellt, die wegen Hilfsbedürftigkeit gezahlt werden. Nur im Wege einer Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung über R 3.11 Abs. 2 LStR können auch private Arbeitgeber die Steuerbefreiung anwenden. Bereits beim Hochwasser 2013 hatte die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich in besonderen Fällen erweitert.

Das BMF hat in seinen FAQs klargestellt, dass die in R 3.11 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen, wie z. B. die Beteiligung des Betriebsrats, in der aktuellen Corona-Krise nicht vorliegen müssen. Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Betroffenheit durch die Corona-Krise kann allgemein unterstellt werden, dass ein die Unterstützung rechtfertigender Anlass im Sinne des R 3.11 Abs. 2 S. 1 LStR vorliegt.
Die Prämie kann an alle Arbeitnehmer gezahlt werden, mit denen ein Anstellungsverhältnis besteht, umfasst also alle aktiven Arbeitnehmer, z.B.
• festangestellte Arbeitnehmer in Vollzeit und Teilzeit,
• befristet angestellte Mitarbeiter,
• geringfügig Beschäftigte,
• Aushilfen oder Werkstudenten sowie
• Geschäftsführer und/oder Vorstandsmitglieder.

Auch bei einem Minijobber bleiben zusätzlich zum Verdienst gewährte steuerfreie Einnahmen unberücksichtigt. Die Prämie wird nicht auf die monatliche 450-Euro-Grenze angerechnet.

Wichtig: Von der Steuerbefreiung profitieren nicht nur die „systemrelevanten Berufe oder Branchen“, wie z. B. Supermarktmitarbeiter oder Pflegepersonal. Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg bestätigte in einer Pressemitteilung vom 03.04.2020, dass es nicht auf den Beruf ankommt.

Eindeutig ist, dass die Arbeitnehmer die Zahlung aufgrund der Corona-Krise erhalten müssen. Andere Zahlungen, die nicht im Zusammenhang mit der Krise stehen, sind deshalb durch den Anwendungsbereich nicht gedeckt. Voraussetzung für die Anwendung der Steuerfreiheit der Leistungen ist laut BMF, „dass aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise handelt.“

Praxistipp: Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern Zuschüsse oder Sachzuwendungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei gewähren. Dabei handelt es sich um einen Freibetrag, und nicht um eine Freigrenze. Zahlen sie mehr, ist ein übersteigender Betrag nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen der jeweiligen Arbeitnehmer zu versteuern.

Weiterhin kann der Arbeitgeber frei bestimmen, wann und in welcher Form er die Zahlungen leistet: sie können in einem Betrag oder aufgeteilt erfolgen. Wichtig ist, dass Arbeitgeber die Zahlungen zwischen dem 01.03. und dem 31.12.2020 leisten. Die Zahlungen müssen in der Zeit zufließen.

Beispiel: Ein Arbeitgeber möchte seinen Arbeitnehmern die vollen 1.500 Euro steuerfrei zukommen lassen. Er entscheidet sich dafür, jeweils am 01.07., 01.10. und am 01.12.2020 je 500 Euro an seine Arbeitnehmer zu überweisen. Wenn die weiteren Voraussetzungen eingehalten werden, bleibt es bei der Steuerfreiheit der Zahlungen.

Hinweis: Eine weitere Unterstützung in Höhe von 600 Euro auf Basis von R 3.11 Abs. 2 LStR, z. B. im Krankheits- und Unglücksfall, bei Tod naher Angehöriger, zusätzlich zur 1.500-Euro-Corona-Prämie halten wir steuerfrei für ausgeschlossen, da es sich bei den 600 Euro ‒ durch die Corona-Krise auf 1.500 Euro erhöht ‒ um einen jährlichen und nicht anlassbezogenen Höchstbetrag handelt.

Ausnahme: Nach R 3.11 Abs. 2 S. 5 LStR kann ein übersteigender Betrag nur lohnsteuerfrei bleiben, wenn er aus Anlass eines besonderen Notfalls gewährt wird. Ein Unternehmen könnte z.B. einer bedürftigen Arbeitnehmerin mit drei Kindern 3.000 Euro zahlen, weil sie aufgrund der Corona-Pandemie im April 2020 ihren Ehemann verloren hat. Da hier ein besonderer Notfall vorliegt, sollte die Zahlung steuerfrei möglich sein, aber dies sollte immer genau geprüft werden.

Wie wirkt sich die Prämie aufs Kurzarbeitergeld aus?
Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall (Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt). Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt, das Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall in dem Kalendermonat bei Vollarbeit erzielt hätte. Ist-Entgelt ist das im jeweiligen Kalendermonat tatsächlich erzielte gesamte beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt. Da die Corona-Prämie nicht beitragspflichtig ist, bleibt sie – so unsere Vermutung – bereits aus diesem Grund bei der Berechnung außen vor. Ferner regelt § 106 Abs. 1 SGB III, dass Arbeitsentgelt, das einmalig gezahlt wird, bei der Berechnung von Soll-Entgelt und Ist-Entgelt außer Betracht bleibt.
Wichtig: Arbeitgeberseitig geleistete Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld fallen lt. BMF nicht unter die Steuerbefreiung für die Corona-Prämie. Auch Zuschüsse, die der Arbeitgeber als Ausgleich zum Kurzarbeitergeld wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze leistet, fallen weder unter § 3 Nr. 11 EStG noch unter § 3 Nr. 2 Buchst. a EStG.

 

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