Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz – Neuregelungen ab dem 01.03.2020

Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten erleichtert werden, um so dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die meisten Änderungen, die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zum 01.03.2020 in Kraft treten, finden sich im Aufenthaltsgesetz (AufenthG.).

Was bietet das neue Gesetz für Arbeitgeber, die außerhalb der Europäischen Union Personal anwerben?

Das Gesetzespaket enthält eine Reihe von Änderungen zum Beispiel im Aufenthaltsgesetz und in der Beschäftigungsverordnung.

Entfall der Vorrangprüfung

Vor allem der Wegfall der Vorrangprüfung führt zu mehr Verlässlichkeit. Bei der Vorrangprüfung wurde bisher ermittelt, ob für einen Job nicht auch ein deutscher Arbeitnehmer oder ein EU-Bürger mit entsprechendem Anrecht in Frage kommt. Wenn das der Fall war, konnte der Aufenthaltstitel nicht erteilt werden. Das neue Gesetz bringt hier eine Erleichterung, denn künftig entfällt dieser Unsicherheitsfaktor für alle Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Bisher galt dies nur für die Blaue Karte EU und für Fachkräfte mit einem deutschen Hochschulabschluss.

In einigen anderen Fällen, zum Beispiel bei Entsendungen von sogenannten privilegierten Drittstaatsangehörigen nach Deutschland, bleibt es leider bei der Vorrangprüfung.
Zudem war bisher KEINE Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bei Fachkräften mit einem deutschen Hochschulabschluss erforderlich. Ab dem 1. März 2020 wird für diesen Personenkreis die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit benötigt; eine Vorrangprüfung wird dabei aber nicht verlangt.

Klarheit der gesetzlichen Vereinfachungen für welchen Personenkreis

Die Neuregelung vereinheitlicht den Begriff der Fachkraft: Darunter fallen nicht nur Hochschulabsolventen, sondern auch Personen mit qualifizierter Berufsausbildung
Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten von Fachkräften unterschieden:
Fachkräfte mit Berufsausbildung, das heißt mit einer inländischen oder gleichwertigen ausländischen Berufsausbildung mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren und
Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Als akademische Ausbildung gilt ein deutscher, anerkannter ausländischer oder mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss.

Praxishinweis: Arbeitskräfte, die langjährige Erfahrung in ihrem Beruf haben, aber keine formale Ausbildung, sind leider immer noch nur begrenzt einzusetzen, hier wird nur in den
Berufen der Informations- und Kommunikationstechnologie eine Ausnahme gemacht bei der Erlangung eines Aufenthaltstitels: Es ist keine Qualifikation als Fachkraft notwendig – eine fünfjährige praktische Berufserfahrung und deutsche Sprachkenntnisse reichen aus.

Begrenzung auf Engpassberufe entfällt

In Zukunft gibt es bei der Besetzung einer freien Position mit einem Drittstaatsangehörigen keine Beschränkung mehr auf die Positivliste und die dort aufgeführten Mangelberufe, d. h. Berufe, die in Deutschland vom Fachkräftemangel betroffen sind. Fachkräfte können so in dem Beruf arbeiten, zu dem ihre jeweilige Ausbildung sie befähigt. Um dem steigenden Bedarf von IT-Spezialisten gerecht zu werden,

So konnten beispielsweise Elektroinstallateure, Mechaniker, Maschinenbauer oder Alten- und Krankenpfleger bisher nur eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn ihre Berufe in der halbjährlich aktualisierten Positivliste der Bundesagentur für Arbeit aufgeführt waren. Fluggerätemechaniker waren zwar in der Positivliste von August 2018 genannt – ein halbes Jahr später aber gestrichen. Das hatte zur Folge, dass Fluggerätemechaniker seit März 2019 keine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland mehr erhalten konnten. Diesen Unsicherheitsfaktor wird es künftig nicht mehr geben.

Stattdessen können alle Fachkräfte mit einer qualifizierten Berufsausbildung – nach Anerkennung ihrer Berufsausbildung in Deutschland – einen Aufenthaltstitel bekommen. Voraussetzung ist, dass sie nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Bessere Chancen für Nicht-Akademiker – befristete Zeit zur Arbeits-/Ausbildungsplatzsuche in Deutschland

Bislang erhielten nur Fachkräfte mit akademischer Ausbildung eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche. Ab dem 01.03.2020 besteht diese Möglichkeit für jede Fachkraft, wenn ihr Lebensunterhalt gesichert ist und sie über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt. Junge Menschen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können einen Aufenthaltstitel für sechs Monate zur Ausbildungsplatzsuche erhalten, wenn sie über einen geeigneten Schulabschluss, einen gesicherten Lebensunterhalt und gute deutsche Sprachkenntnisse verfügen.

Beschleunigtes Fachkräfteverfahren

Eine weitere wesentliche Neuerung ist die Einführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens. Der inländische Arbeitgeber – bevollmächtigt durch die Fachkraft – kann gegen eine Gebühr von 411 Euro dieses Verfahren bei der neu errichteten zentralen Ausländerbehörde initiieren. In jedem Bundesland soll mindestens eine zentrale Ausländerbehörde errichtet werden, die die Zuständigkeiten für das Erstverfahren zur Erteilung eines Visums für Ausbildungs- und Arbeitsmigranten bündelt.
Die zentrale Ausländerbehörde informiert die Auslandsvertretung im Heimatland der Fachkraft über einen bevorstehenden Visum-Antrag und erteilt, wenn die Voraussetzungen für die Einreise vorliegen, ihre Vorabzustimmung im Visumverfahren.
Die ausländische Fachkraft erhält im beschleunigten Fachkräfteverfahren spätestens drei Wochen nach der Vorabzustimmung einen Termin für die persönliche Vorsprache bei der Auslandsvertretung. Nach drei weiteren Wochen wird dann das Visum ausgestellt.

Praxistipp: Wie bisher müssen Arbeitgeber prüfen, ob der ausländische Arbeitnehmer den richtigen Aufenthaltstitel besitzt. Solange er den Arbeitnehmer beschäftigt, muss der Arbeitgeber zudem eine Kopie des Aufenthaltstitels des Ausländers aufbewahren – entweder in Papierform oder elektronisch.

Meldepflicht für Arbeitgeber

Wie bisher erlischt der Aufenthaltstitel nicht, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig seinen Job verliert. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall aber neuerdings innerhalb von vier Wochen eine Mitteilung an die zuständige Ausländerbehörde senden. Die Frist gilt „ab Kenntnis“, also ab dem Moment, in dem zum Beispiel die Kündigung ausgesprochen wird.
Erfolgt die Mitteilung nicht, kann gegen den Arbeitgeber ein Bußgeld verhängt werden.

Nach den Anwendungshinweisen des BMI zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz besteht keine Meldepflicht des Arbeitgebers, wenn der Ausländer schon eine Anschlussbeschäftigung gefunden hat und das neue Beschäftigungsverhältnis im Rahmen des bestehenden Aufenthaltstitels ausüben darf.

Auswirkung auf Entsendungen

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz enthält keine neue Regelungen für entsandte Mitarbeiter aus dem Ausland, die nur für begrenzte Zeit in Deutschland im Einsatz sind.
Hier gibt es leider keine Erleichterungen. Insoweit bleibt alles beim Alten. Dabei werden Entsendungen angesichts der zunehmenden Internationalisierung für Unternehmen immer wichtiger.

Und dabei treten dann ganz triviale Probleme auf: Wie kann man das Formular Stellenbeschreibung ausfüllen, wenn man kein deutsche Betriebsnummer hat? Hier wird es für die nicht privilegierten Drittstaatsangehörigen außerhalb von § 26 Abs. 1 BeschV weiterhin schwierig bleiben, den erforderlichen Aufenthaltstitel zu bekommen.

Allerdings enthält das Aufenthaltsgesetz nun die Klarstellung, dass auch Schengen-Visa zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt werden können. Damit ist zwar keine Änderung der Rechtslage verbunden, es ist aber eine hilfreiche Klarstellung für kurzfristige Entsendungen. Denn: Termine für Schengen-Visa sind bei den deutschen Generalkonsulaten im Ausland leichter zu bekommen als Termine für nationale Visa für Aufenthalte von mehr als 90 Tagen.

Generelle Erleichterungen durch das neue Gesetz dürfte sein, dass die Anerkennung von Berufsausbildungen nun für die ausländischen Bewerber leichter wird. Der Ausländer muss sich nicht mehr selbst bei der zuständigen Anerkennungsbehörde durchfragen, sondern kann sich seit Februar an die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung wenden. Sie hat die Aufgabe, ausländische Staatsangehörige zu beraten, die sich noch in ihrem Heimatland befinden und die an einer Zuwanderung nach Deutschland interessiert sind.
Zu begrüßen ist auch die neu geschaffene Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Anerkennung der erworbenen Berufsausbildung, wenn sie nicht vollständig mit einer deutschen Berufsausbildung vergleichbar ist. Auch dies wird dazu beitragen, dass mehr Fachkräfte einen Aufenthaltstitel erhalten und nach vollständiger Anerkennung ihrer Berufsausbildung längerfristig in Deutschland bleiben.

Ob die Verfahren dadurch nun schneller gehen, bleibt fraglich. Aktuell ist es so, dass die Wartezeiten auf Termine für die Visum-Antragstellung im Ausland relativ lang sind. In Indien oder Serbien ist es extrem: Die Wartezeit auf einen Termin bei der deutschen Botschaft in Belgrad beträgt zurzeit sechs bis zwölf Monate. Dazu kommen dann noch Bearbeitungszeiten von vier Wochen bis zu mehreren Monaten.

Ausblick

Voraussichtlich werden noch im März 2020 weitere Änderungen der Beschäftigungsverordnung in Kraft treten. Der Bundesrat hat diese Änderungen schon gebilligt. Danach wird die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit – ohne Vorrangprüfung – auch für Führungskräfte erforderlich sein, was zu einer Verzögerung im Visumsverfahren führen kann.

Fazit: am besten ist es, Aufgaben zu besetzen, für die nach § 30 BeschV kein Aufenthaltstitel benötigt wird und zugleich eine visumfreie Einreise nach Deutschland möglich ist. Sinnvoll ist es auch, wenn die Tätigkeit die Dauer von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen nicht überschreitet: Dann kommt ein Schengen-Visum mit Arbeitserlaubnis in Betracht. Der Vorteil daran ist, dass die Wartezeiten auf Termine für ein Schengen-Visum regelmäßig deutlich kürzer sind als für nationale Visa.

 

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