BFH und LSGs: Anforderungen an die sogenannte Zusätzlichkeitserfordernis

Auf welchen Zeitpunkt bezieht sich das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ bei einer Änderung des Arbeitsvertrags? Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit den sogenannten Nettolohnoptimierungen immer wieder und wird gerne neu diskutiert.

Nach Ansicht des FG Münster gilt: Verzichtet der Arbeitnehmer im geänderten Arbeitsvertrag auf einen Teil seines zukünftigen regulären Barlohns, ohne einseitig auf das Niveau zurückkehren zu können, werden gleichzeitig vereinbarte freiwillige Zusatzleistungen des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ nach § 40 Abs. 2 EStG erbracht.

PRAXISHINWEISE:

  • Das FG Münster erkennt in seiner Entscheidung in einem gewissen Umfang Gestaltungen zur Nettolohnoptimierung durch pauschalbesteuerte und steuerfreie Zusatzleistungen des Arbeitgebers an.
  • Interessant ist, ob der BFH derartige Gestaltungen aus Gehaltsverzicht mit zeitgleich vereinbarten freiwilligen Zusatzleistungen zulässt. Neben dem Fall vom FG Münster liegt dem BFH ein weiterer Fall vom FG Rheinland-Pfalz vor.
  • Eine Entgelt- oder Barlohnumwandlung ist von der Steuerbegünstigung bzw. Steuerfreiheit ausgeschlossen; dazu gehören Fälle, in denen ein Teil des geschuldeten Arbeitslohns in pauschal besteuerbare Leistungen umgewandelt wird, auf die auch nach der Umwandlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht.

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer arbeitsvertraglich wirksam, dass der Barlohn verringert wird und im Gegenzug weitere lohnsteuerfreie oder pauschal besteuerte Leistungen gewährt werden, gehen die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung Bund von einer reinen Lohnverwendungsabrede aus und fordern Beiträge auf der Grundlage der zuvor gezahlten Löhne nach.

Gegenargumente bieten die Urteile des LSG Baden-Württemberg und des LSG Bayern, die eine Änderung der Arbeitsverträge auch mit Wirkung auf das Beitragsrecht sehen:

  • Die Gehaltsumwandlung zur „Nettolohnoptimierung“ ist aus deren Sicht KEINE rechtsmissbräuchliche vertragliche Gestaltung. Eine Nettolohnoptimierung ist nicht nur bei Erhöhung des Gehaltsniveaus möglich, sondern kann auch durch eine Gehaltsumwandlung erreicht werden.
  • Dafür, dass es sich um eine dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt nicht zuzurechnende Zuwendung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung handelt, ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber die steuerfreie Leistung über das ohnehin geschuldete Arbeitsentgelt hinaus erbringt.

 

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