Beschäftigung von Studenten und Praktikanten – Neue Regeln in der Sozialversicherung

Die Spitzenorganisationen in der Sozialversicherung haben das gemeinsame Rundschreiben vom zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Studenten und Praktikanten überarbeitet und das neue Rundschreiben am 23.11.2016 veröffentlicht. Dies birgt Klarstellungen und neue Regeln für die Beschäftigung von Studenten und Praktikanten.

Werkstudenten
Studenten, die neben ihrem Studium ein Beschäftigungsverhältnis ausüben, sind im Grunde versicherungspflichtig. Von diesem Grundsatz macht das Werkstudentenprivileg eine Ausnahme: Werkstudenten sind

  • in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei;
  • in der Rentenversicherung dagegen versicherungspflichtig.

Damit das Werkstudentenprivileg greift, müssen drei Kriterien erfüllt sein:

  1. Der Status des Studenten als ordentlich Studierender
  2. Die Immatrikulation an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule
  3. Die Beschäftigung „neben“ dem Studium (20-Wochenstunden-Grenze)

Ende des „Werkstudentenprivilegs“
Bisher endete der Einsatz als Werkstudent mit der letzten Prüfung, die von der Hochschule für den Studiengang nach den Prüfungsbestimmungen vorgesehen war. Seit 01.01.2017 endet das „Werkstudentenprivileg“ in der Sozialversicherung mit Ablauf des Monats, in dem der Studierende vom Gesamtergebnis der Prüfungsleistung offiziell schriftlich unterrichtet worden ist. Mit der offiziellen schriftlichen Unterrichtung ist der Zugang des per Briefpost vom Prüfungsamt übermittelten vorläufigen Zeugnisses gemeint. Keine Rolle spielt, wann das Zeugnis (im Rahmen einer Abschlussfeier) überreicht wird.

Beispiel:
Ein Unternehmen beschäftigt einen Studenten. Er erhält für seine Arbeit ein monatliches beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 800 Euro. Als Werkstudent ist er in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig, weil sein monatliches Arbeitsentgelt über der 450-Euro-Grenze liegt. Er schreibt seine letzte schriftliche Prüfung am 15.04.2017. Das Prüfungsergebnis erhält er am 15.06.2017. Der Student

  • hätte bisher nur bis zum 30.04.2017 als Werkstudent gegolten,
  • ist nach den neuen Vorschriften bis zum 30.06.2017 Werkstudent.

Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium
Von der Versicherungsfreiheit als Werkstudent werden auch Absolventen eines Hochschulstudiums erfasst, die nach Erreichen eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses in der gleichen oder in einer anderen Fachrichtung ein weiteres bzw. neues Studium aufnehmen, das wieder in einem geregelten Studiengang mit einer Hochschulprüfung abschließt.

Beim Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium ist nicht von einem durchgehenden Fortbestehen der Zugehörigkeit zum Personenkreis der ordentlich Studierenden auszugehen, denn das Masterstudium schließt sich nicht lückenlos an das Ende des Bachelorstudiums an. Bei derartigen Unterbrechungen wird angesichts der erforderlichen Hochschulzugehörigkeit Versicherungsfreiheit als Werkstudent nicht eingeräumt. Allein die Absicht, das weiterführende Studium zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufnehmen zu wollen, reicht für den Lückenschluss nicht.

Beispiel:
Ein Student erhält für seine Arbeit in einem Betrieb ein monatliches beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 900 Euro und ist 20 Stunden in der Woche tätig. Der Student beendet sein Bachelorstudium am 31.05.2017. Er weiß bereits am 01.06.2017, dass er am 01.10.2017 ein Masterstudium beginnt.

Für die Zeit bis 31.05.2017 ist er als Werkstudent im Betrieb tätig. Es besteht nur Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Zeit vom 01.06.2017 bis 30.09.2017 ist er kein Werkstudent mehr. Es besteht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung Versicherungs- und Beitragspflicht, weil die Vergütung die 450-Euro-Grenze überschreitet. Nimmt er das Masterstudium am 01.10.2017 auf, ist er als Werkstudent in der Rentenversicherung nur versicherungs- und beitragspflichtig.

Praktikum und Urlaubsemester
Leistet ein Student ein in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes Praktikum während eines Urlaubsemesters ab, ist er überwiegend für das Studium tätig. Er ist somit seinem Erscheinungsbild nach – trotz Beurlaubung – als ordentlich Studierender anzusehen. Aufgrund des „Werkstudentenprivilegs“ ist er in der Rentenversicherung nur versicherungspflichtig.

Von einem vorgeschriebenen Praktikum ist auch für den Zeitraum auszugehen, der die Mindestdauer überschreitet, wenn (weiterhin) ein Zusammenhang zwischen dem Praktikum und dem Studium besteht.

Praxistipp: Ein nicht vorgeschriebenes Praktikum während des Urlaubssemesters führt hingegen nicht zur Versicherungsfreiheit. Genauso verhält es sich bei Studenten, die ein Urlaubsemester absolvieren und in keinem Praktikum stehen. In beiden Fällen besteht Versicherungspflicht in allen Sozialversicherungszweigen.

Beschäftigung „neben“ dem Studium
Das Studium muss Hauptsache, die Beschäftigung Nebensache sein. Das ist der Fall, wenn die Beschäftigung an nicht mehr als 20 Stunden in der Woche ausgeübt wird.

Bei Beschäftigungen am Wochenende sowie in den Abend- und Nachtstunden kann Versicherungsfreiheit auch bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden bestehen, wenn Zeit und Arbeitskraft des Studenten noch überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden.

Davon gehen die Spitzenorganisationen nicht mehr aus, wenn eine solche Beschäftigung

  • mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden ohne zeitliche Befristung ausgeübt wird oder
  • auf einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen befristet ist.

Beispiel:
Eine Studentin nimmt am 01.03.2017 eine Beschäftigung von 25 Stunden in der Woche in einer Bäckerei auf. Davon leistet sie 6 Stunden am Wochenende. Sie ist keine Werkstudentin mehr, weil sie unbefristet mehr als 20 Wochenstunden arbeitet, auch wenn 6 Stunden auf das vorlesungsfreie Wochenende entfallen.

Bei Studenten, die mehrere Beschäftigungen nebeneinander oder eine Beschäftigung neben einer selbstständigen Tätigkeit ausüben, sind die wöchentlichen Arbeitszeiten zusammenzurechnen. Ergibt die Zusammenrechnung eine wöchentliche Arbeitszeit von insgesamt mehr als 20 Stunden, ist nicht mehr vom Erscheinungsbild eines ordentlichen Studenten auszugehen.

Der Student darf seine Beschäftigung auf mehr als 20 Stunden in der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) ausweiten. Die Beschäftigungsdauer bei demselben oder verschiedenen Arbeitgebern darf aber nicht über 182 Kalendertage bzw. 26 Wochen im Zeitjahr hinausgehen.

Neue Regeln gelten seit 01.01.2017
Die neuen Vorschriften gelten bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten und Praktikanten seit 01.01.2017. Sie gelten auch für bestehende Beschäftigungen, also für Studenten, die die Beschäftigung vor dem 01.01.2017 aufgenommen haben.

 

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