Abfindungen von Betriebsrenten

Betriebliche Altersversorgungen erfreuen sich nach wie vor wieder steigender Beliebtheit. Insbesondere im Auszahlungsfall kommt es immer wieder zu Fragestellungen rechtlicher Natur, die sehr schnell Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Zahlungen haben.

Wenn ein Arbeitnehmer seine betriebliche Altersversorgung frühzeitig auflöst, erhält er in der Regel eine Abfindung für die damit erworbenen Betriebsrentenansprüche.

Seit dem 1. Juli 2016 werten die Sozialversicherungen diese Zahlungen eindeutig als Leistung der Altersvorsorge, wo früher noch unter bestimmten Bedingungen die Anwendung als Lohnzahlung möglich war.

Die Frage, ob Abfindungen von Betriebsrenten beitragsrechtlich als Lohnzahlung oder als Kapitalleistung im Rahmen der Altersvorsorge zu bewerten sind, beschäftigte immer wieder die Sozialgerichtsbarkeit. Während die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung solche Abfindungen bislang als geldwerten Vorteil aus der Beschäftigung im Sinne einer Einmalzahlung bewertet haben, sind die Gerichte mehr und mehr dazu übergegangen, den Charakter der Versorgungsleistung im Vordergrund zu sehen.

Die bisher unterschiedliche Auffassung in dieser Frage erklärt sich aus der Bewertung des vorrangigen Charakters der Zahlung – entweder als Arbeitsentgelt oder als Versorgungsbezug.

Zum Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung gehören alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus der Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

Versorgungsbezüge hingegen sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die während des aktiven Beschäftigungsverhältnisses zunächst als Zusicherung bestehen. Wird der Anspruch auf spätere Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgegeben, kann eine Abfindung gezahlt bzw. die Auszahlung des Rückkaufswertes erfolgen.

In den vergangenen Jahren widersprachen die Gerichte in mehreren Fällen der Einstufung der Abfindungszahlung als Arbeitsentgelt seitens der Sozialversicherungen: Zunächst urteilte das Bundessozialgericht im Jahr 2004, dass eine Abfindungsleistung, die an einen Arbeitnehmer im laufenden Beschäftigungsverhältnis gezahlt wurde, kein Arbeitsentgelt sei, sondern als Versorgungsbezug zu behandeln sei. Dies gelte unabhängig vom Eintritt des Versorgungsfalles.

In einem weiteren Rechtsstreit machte das Bundessozialgericht im Jahr 2012 deutlich, dass die Kapitalleistung den Charakter eines Versorgungsbezugs nicht deshalb verliere, weil sie wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles gezahlt wurde. Nach Auffassung des Gerichts ist die Beitragspflicht als Versorgungsbezug nicht vom Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalles abhängig. In diesem Zusammenhang spiele es keine Rolle, für welchen Zweck das vorzeitig ausgezahlte Kapital tatsächlich verwendet wird.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied 2015 unter Berufung auf die genannten Urteile des Bundessozialgerichts ebenfalls, dass es sich bei einem Rückkaufswert einer Direktversicherung auch während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nicht um Arbeitsentgelt handelt.

Folgen der Gerichtsentscheide

Die Sozialversicherungsträger haben sich aufgrund dieser Uneinigkeit nun abgestimmt und vereinbart, die gerichtlichen Entscheidungen nicht mehr als Einzelfälle anzusehen, sondern deren Bewertung zu folgen: Dies gilt unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers. Damit sind alle Abfindungen von Versorgungsanwartschaften aus Direktzusagen, Unterstützungskassen, Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen beitragsrechtlich als Versorgungsbezug zu behandeln.

Zudem tritt damit auch die Meldepflicht der Zahlstelle ein, die der zuständigen Krankenkasse die Höhe der Zahlung mitzuteilen hat.

Die spezielle Norm für die beitragsrechtliche Behandlung von Versorgungsbezügen gilt zunächst nur für die Kranken- und Pflegeversicherung. Gleichwohl muss auch für die Renten- und Arbeitslosenversicherung gelten, dass Abfindungen von Versorgungsanwartschaften nicht mehr als Arbeitsentgelt gewertet werden können.

Das gilt übrigens auch für nicht gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer.

Abfindungen für betriebliche Altersversorgungsansprüche, die nach dem 30. Juni 2016 ausgezahlt werden, sind beitragsrechtlich als Versorgungsbezug zu behandeln. Bei Auszahlungen, die vor diesem Zeitpunkt erfolgen, ist eine abweichende Vorgehensweise nicht zu beanstanden.

 

Share:

Kategorien

Aktuelle Artikel

Newsletteranmeldung

So bleiben Sie auf dem Laufenden:
Unser Newsletter infor­­miert Sie regel­­mäßig über aktuelle Informa­­tionen.

Ähnliche Beiträge