Weitere Entwicklung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Ende Oktober 2019 hat der Bundestag den „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz – BEG III)“ verabschiedet. U. a. soll mit seiner Hilfe der bürokratische Aufwand für Unternehmen, Bürger und Verwaltungen so weit wie möglich verringert werden.
Beginnend ab 2021 wird ein elektronisches Meldeverfahren eingeführt, das die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) in Papierform ablösen soll. Krankenkassen sollen dann – nach Eingang der (ebenfalls geplanten) elektronischen AU-Bescheinigung vom Arzt – eine entsprechende Meldung zum Abruf durch den Arbeitgeber erstellen bzw. (bei geringfügig beschäftigten Mitgliedern) der Minijob- Zentrale einen entsprechenden Datensatz zur Verfügung stellen. Die Arbeitgeber müssen aber trotzdem die „echte“ Krankenkasse der Geringfügig Beschäftigten abfragen, da diese an die Minijobzentrale seitens der Arbeitgeber gemeldet werden muss, damit dieses sich mit der zuständigen Krankenkasse abstimmen kann. Die Minijob-Zentrale hat die vom Arbeitgeber für geringfügig Beschäftigte übermittelten Meldungen dann an die Krankenkasse des Beschäftigten weiterzuleiten. Damit ist es den Krankenkassen künftig möglich, der Minijob-Zentrale die AU-Daten eines geringfügig Beschäftigten zu übermitteln, damit diese dann eine Meldung – zum Abruf durch den Arbeitgeber – erstellen kann.
Zusätzlich sollen die Krankenkassen dem Arbeitgeber künftig – bei Feststellung der Überschreitung der Entgeltfortzahlungsdauer – die anrechenbaren Vorerkrankungen übermitteln.
Arbeitnehmer wiederum sollen – bei Vorliegen einer Mehrfachbeschäftigung – das Recht erhalten, gegenüber der Krankenkasse die Sperrung des Abrufes für einen oder mehrere Arbeitgeber zu verlangen (Widerspruchsrecht).
Die Technik ist noch in enger Abstimmung, da insbesondere die Datenschutzgrundverordnung einem pragmatischen Handling noch zahlreiche Steine in den Weg legt: so soll es nicht wie bei ELStAM einen Datenabruf für alle Mitarbeiter eines Unternehmens geben, sondern für jeden Mitarbeiter soll der Datensatz der Erkrankung proaktiv erfragt werden – einzeln je Mitarbeiter. Das wäre für die Arbeitgeber sehr aufwendig einerseits. Andererseits: man denke an noch fehlende Austrittsinformationen, die noch nicht als Abmeldung an die Krankenkasse gegangen sind: in so einem Fall könnte der Arbeitgeber Daten von einem Mitarbeiter erhalten, die er datenschutzrechtlich nicht mehr sehen dürfte. Hier besteht also noch einiges an Klärungsbedarf.
Hinweis: diese Gesamtlogik gilt nur für gesetzlich Versicherte. Privat Versicherte sind daraus außen vor.
In der Folge des elektronischen Meldeverfahrens soll für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer die Pflicht zur Vorlage einer AU-Bescheinigung beim Arbeitgeber entfallen. Sie bleibt nur bestehen, soweit die elektronische Meldung nicht greift, also bei Minijobs in Privathaushalten oder bei Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Ärzte, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.
Unabhängig von den geplanten Neuregelungen bleiben die Arbeitnehmer – wie bisher – dazu verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen.
Nach dem Gesetz sollen die AU-Daten den Arbeitgebern ab dem 01.01.2022 von den Krankenkassen bzw. der Minijob- Zentrale zum Abruf zur Verfügung gestellt werden. Die Verpflichtung zur Vorlage der AU-Bescheinigung beim Arbeitgeber soll jedoch erst am 31.12.2022 enden.