Phantomlohn in der Sozialversicherung

Ein Phantomlohn ist ein Begriff, der häufig im Zusammenhang mit (sozialrechtlichen) Betriebsprüfungen auftaucht und Arbeitgeber oftmals an den Grundlagen der Sozialversicherung zweifeln lässt.

Im Rahmen von Prüfungen der DRV stehen Arbeitgeber immer häufiger vor Fällen der Nachverbeitragung von Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschlägen, obwohl sie für die nachgeforderten Zeiträume gar keine solchen Zuschläge gezahlt haben.

Die im Prüfungszeitraum für begünstigte Zeiten gezahlten Spätschicht- und Nachtzuschläge wurden bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, an Feiertagen und während des Urlaubs nicht berücksichtigt.

Der Arbeitnehmer hat im Krankheitsfall aber bis zu sechs Wochen nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf die Fortzahlung seines Arbeitsentgelts. Dabei umfasst die Begrifflichkeit Arbeitsentgelt das Gehalt, das dem Mitarbeiter in der regelmäßigen Arbeitszeit zusteht. Ähnliches findet sich im Bundesurlaubsgesetz als Regelung.

Phantomlohn ist also ein Lohn, der dem Arbeitnehmer trotz bestehenden (arbeits-)rechtlichem Anspruchs nicht ausgezahlt worden ist, aber zu bezahlen gewesen wäre und aus dem Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen und an die Einzugsstelle abzuführen sind. In diesem Zusammenhang wird auch häufig vom „Fiktivlohn“ gesprochen.

Hierfür kann es auch andere Beispiele geben, z.B. die Nichtzahlung von allgemeinverbindlich deklarierten Zuschlägen oder aktuell die Nichtzahlung von Durchschnittsprovisionen.

Entstehungsprinzip in der Sozialversicherung

In der Sozialversicherung gilt das Entstehungs- (oder auch Anspruchsprinzip): Mit Entstehen des vertraglichen bzw. tariflichen Arbeitsentgeltanspruchs sind daher auch Beiträge zur Sozialversicherung zu leisten.

Es kommt nicht darauf an, ob das Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wird, in welcher Höhe es gezahlt wird oder zu welchem Zeitpunkt es gezahlt wird. Entscheidend ist vielmehr, welcher Zahlungsanspruch dem Beschäftigten zugestanden hätte.

Wichtig Im Steuerrecht (insbesondere Lohnsteuerrecht) ist das anders. Dort gilt das „Zuflussprinzip“. Maßgeblich ist somit der Zeitpunkt, in dem der Arbeitsentgeltanspruch tatsächlich erfüllt, also der Arbeitslohn gezahlt wird. Damit wirkt sich der Phantomlohn in der Lohnsteuer nicht aus, weil diese aus dem tatsächlich gezahlten Entgelt berechnet und abgeführt wird.

Unabhängig davon, ob ein Mitarbeiter ein sittenwidrig oder tarifwidrig zu geringes Entgelt erhielt, oder ob eine Regelung besteht, dass ein Mitarbeiter in Deutschland von einem ausländischen Arbeitgeber angeworben wird und bei seinem Einsatz in Deutschland nur das nach ausländischem Recht vereinbarte Arbeitsentgelt erhält, welches jedoch nicht dem deutschen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) entspricht. Der Arbeitgeber führt eine monatliche Lohnabrechnung nach den deutschen Sozial- und Steuervorschriften durch und muss in all diesen Fällen wie auch bei der Gewährung von Urlaub, Krankheit und für Feiertage eine Entgeltfortzahlung leisten, die auch die Berechnung der Entgeltfortzahlung inklusive Nachtschicht- bzw. Spätschichtzuschlägen berücksichtigt.

Alle Fälle eint, dass die Sozialversicherungsbeiträge auf ein höheres Arbeitsentgelt hätten berechnet werden müssen. Dies gilt auch, wenn dieser höhere Betrag nicht tatsächlich ausbezahlt worden ist. Sofern also nicht bereits die Beitragsbemessungsgrenze überschritten worden ist, wurden fahrlässig – wenn nicht gar absichtlich – zu niedrige Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Vorsicht: In diesen Fällen kann dem Arbeitgeber das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB vorgeworfen werden. Geld- oder Freiheits-strafe können die Folge sein.


Gibt es „Auswege“ für das Unternehmen?

Teils kommen Arbeitgeber in solchen Fällen auf die Idee, ihre Arbeitnehmer Verzichtserklärungen unterzeichnen zu lassen. Unabhängig von der Tatsache, dass ein Beschäftigter ungern einen solchen Verzicht erklärt, ist die Frage, ob dies überhaupt zielführend ist. Denn damit ein Verzicht beitragsrechtlich relevant ist, muss

  • der Verzicht arbeitsrechtlich zulässig und
  • darf nur auf künftig fällige Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet sein.

Damit ist klargestellt, dass mindestens für die Vergangenheit eine Verzichtserklärung keine Lösung darstellt. Aber auch im Hinblick auf Verzicht auf künftige Entgeltbestandteile kann sich eine zulässige Gestaltung als schwierig erweisen.

Arbeitsvertragliche Ansprüche verjähren darüber hinaus grundsätzlich in einem Zeitraum von drei Jahren. Werden im Arbeitsvertrag Ausschlussklauseln vereinbart, so verfallen die vertraglichen Ansprüche vorzeitig, sofern sie nicht während der Ausschlussfrist wirksam geltend gemacht worden sind.

Doch auch diese „Hilfsmittel- lassen die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht nicht entfallen. Denn aufgrund des Entstehungsprinzips kommt es nur darauf an, dass der Anspruch entstanden ist.

Meist verbleibt es bei der Pflicht zur korrekten Abwicklung der Sachverhalte und damit muss ein Umdenken in vielen Bereichen stattfinden.

Kommt es aber in einer Prüfung zu Nachforderungen, da ein solcher Sachverhalt nicht bewusst war, so sollten die Nachforderungen genau geprüft werden. Zum einen besteht hier in der Regel ein gewisser Handlungsspielraum, zum anderen sollten Themen wie Säumniszuschläge aufgrund der neuen Regelungen genau geprüft werden, da diese nur noch in den seltensten Fällen gerechtfertigt sein können.

 

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