Das 6. SGB IV-Änderungsgesetz setzt nun um, was im Jahreswechsel 2015/2016 noch nicht aufgegriffen werden konnte bzw. gestoppt wurde. Die bereits angekündigte Umstellung auf technische Wege soll eine Erleichterung bringen, verlagert aber weiter Aufgaben zum Arbeitgeber und erschwert zudem Abstimmungsprozesse, da ein Anruf häufig schneller und unkomplizierter Dinge klären lässt. Folgende Änderungen stehen hierbei an:
Betriebsnummer elektronisch anfordern
Konnte in der Vergangenheit eine Betriebsnummer telefonisch oder mit einer kurzen Mail beim Betriebsnummernservice beantragt werden, ist dies künftig ausschließlich elektronisch möglich. Die Anfänge dazu wurden bereits gelegt: ruft man derzeit bei der Betriebsnummernstelle an, wird man auf die Website und den Online-Antrag verwiesen. Nach Übermittlung desselben wird es allerdings spannend: in gut 80 % der Fällen erhielt man bis dato seit der Umstellung auf den Online-Antrag einen Rückruf der Bundesagentur für Arbeit als vergebender Institution der Betriebsnummern um noch Details und Rückfragen zu klären. Sollte dies zukünftig auf Basis von Rückmeldeverfahren abgewickelt werden, steht den Arbeitgebern und Entgeltstellen ein Ping-Pong ins Haus, dass bis dato bereits bei den Rückmeldungen der Krankenkassen zu umfangreicher Unzufriedenheit geführt hat und das im Rahmen ELStAM auch heute noch nicht völlig fehlerfrei etabliert wurde.
Zudem ist das bereits bestehende Meldeverfahren bei Änderungen der Betriebsdaten in das Gesetz aufgenommen worden – mit einer nicht zu unterschätzenden Änderung: Wird die Meldung über die Änderung in den Betriebsdaten künftig nicht unverzüglich abgegeben, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann.
„Entbürokratisierung“ beim Meldeverfahren für Aushilfen
Durch die Integration der Unfallversicherung in das Meldeverfahren mussten seit 2009 auch für kurzfristig Beschäftigte Jahresmeldungen abgegeben werden. Enthalten war dort lediglich das UV-Entgelt. Dieses UV-Entgelt ist seit 2016 in der UV-Jahresmeldung anzugeben. Deshalb ist die Jahresmeldung für kurzfristig Beschäftigte (PGR 110) entbehrlich und wird aus dem Gesetz gestrichen. Da aber ja eine zusätzliche UV-Meldung für alle Beschäftigten erfolgen muss, ist diese Entlastung in der Praxis eher unerheblich.
Modifiziertes Bestandsprüfungsverfahren
Mit dem 5. SGB IV-Änderungsgesetz hatte die Bundesregierung geplant, dass Krankenkassen fehlerhafte Meldungen der Arbeitgeber abweisen und der Arbeitgeber dann komplett eigenständig eine Erklärung herbeiführen musste, für die er aber keine Grundlagen kannte: lediglich die Information der Ablehnung einer Meldung hätte vorgelegen, keine Gründe, warum die Ablehnung erfolgte.
Aufgrund der hierauf erfolgten Kritik wird ab 2017 nun ein angepasstes Verfahren aufgelegt: danach haben die Krankenkassen den Arbeitgeber maschinell zu informieren, sofern sie Meldungen inhaltlich verändern. Dieses neue Verfahren gilt auch für die Rentenversicherungsträger und berufsständischen Versorgungseinrichtungen. Auch hier steht den Arbeitgebern und Entgeltstellen eine erhebliche Steigerung der Komplexität in der Bearbeitung ins Haus. Bei ungehinderten Verlauf des Verfahrens erhält der Arbeitgeber bereits heute im Rahmen von ELStAM pro Mitarbeiter mindestens drei Meldungen:
• Bestätigung des Versands der Anmeldung,
• Bestätigung des Erhalts der Anmeldung oder Ablehnung der Anmeldung,
• Rückmeldung der ELStAM-Daten durch das Bundeszentralamt für Steuern,
Kommt es zu einer Abmeldung, ist eine erhebliche Recherche-Arbeit des Arbeitgebers/der Abrechnungsstelle notwendig, um diese Sachverhalte zu klären. Die Ausweitung dieser Tätigkeiten in die Sozialversicherung wird zwar reduziert, wenn diese bereits korrigierte Werte meldet. Unklar ist dann aber ja, woher diese kommen und eine Überprüfung ist in irgend einer Form notwendig.
Wer Versorgungsbezugsempfänger abrechnet, kann davon bereits ein „Lied singen“: umfangreiche Rückmeldungen seitens der Zahlstellen werden an die Arbeitgeber/Entgeltabrechnungsstellen übertragen und in die Lohnabrechnung eingespielt. Das Ergebnis sind umfangreiche Rückrechnungen bei den abzurechnenden Betroffenen und erboste Anrufe derselben, dass diese angewandten Daten nicht vollständig sind. Der Klärungsbedarf liegt also hier bereits beim Arbeitgeber/Entgeltstelle.
Zahlstellen-Meldeverfahren speckt ab
Hier gibt es nun ein Einsehen der Krankenkassen, da die Überprüfungen ergaben, dass die Krankenkassen z.B. bis dato in allen Fällen den maximal beitragspflichtigen Versorgungsbezug (VBmax) melden müssen, obgleich dieser nur bei 2 % der Versorgungsbezieher erforderlich ist. Künftig wird der VBmax nur noch in diesen Ausnahmefällen gemeldet, so dass das Meldevolumen erheblich sinkt, so die Meinung der Krankenkassen. Ob sich dies bestätigt, bleibt abzuwarten. Aus Praktikersicht war für die Entgeltstellen die Rückmeldung bis dato unerheblich, wenn sie keine Auswirkung auf die Abrechnung hatte. Der Entfall dieser Rückmeldungen stellt eine Entlastung für die Krankenkassen dar, nicht aber für die Entgeltstellen.
Informationsportal des GKV-Spitzenverbandes
Nachdem an anderen Stellen die Kommunikation stark beschnitten wird, wird – um dem Anspruch eines angemessenen Informationsanspruchs gerecht zu werden – ein Onlineportal beim GKV-Spitzenverband eingerichtet. Dort können zu allen Meldeverfahren grundlegende Informationen abgerufen werden. Ziel ist es, eine Plattform zu schaffen, auf der die im Internet verstreut abgelegten Informationen zentral dokumentiert werden. Dies mag eine gewisse Hilfestellung bieten, ist aber keinesfalls ein gleichwertiger Ersatz für die bisher möglichen Anrufe und Abstimmungen telefonisch mit den Kassen und Institutionen.
AAG-Dialogverfahren bei Erstattung der Entgeltfortzahlung
Seit Anfang 2016 erfährt der Arbeitgeber auf elektronischem Wege, wenn seinem Antrag auf Erstattung nach dem AAG nicht in vollem Umfang entsprochen wurde. Dieses Verfahren wird erweitert. Ab 2017 werden Krankenkassen in allen Fällen eine Rückmeldung geben. Die Rückmeldung kommt auch dann, wenn dem Antrag voll entsprochen wurde oder die Krankenkasse den Antrag ablehnt. Auch hier finden also weitere Rückmeldungen an den Arbeitgeber/die Entgeltstelle statt, die seitens dieser bearbeitet werden müssen.
Fazit: es bleibt abzuwarten, wohin diese Wege führen. Wie beim ELStAM auch, steht aber nahezu fest, dass eine Erleichterung der Abläufe hier noch einige Zeit auf sich warten lassen wird.