Verhaltener Start für das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Seit März bietet das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) einen leichteren Zugang für Bewerber aus Drittstaaten. Die Einschränkungen durch Corona hat hier die Ansätze erst einmal weitestgehend gestoppt.
Grundsätzlich sollte das neue FEG die Anerkennung von Berufsabschlüssen und beschleunigt die Visumsgenehmigung für qualifizierte Fachkräfte erleichtern, aber Grenzschließungen, nationale Lockdowns und eingeschränkter Betrieb in den deutschen Auslandsvertretungen verzögerten die Visaverfahren.
Das Auswärtige Amt hat in der ersten Jahreshälfte 30.117 Visa zur Erwerbstätigkeit ausgegeben – so wenige wie zuletzt 2015. Die Zahl der nach dem Gesetz vergebenen Visa zwischen April und Juni belief sich auf nur gut 2.300.

Das FEG enthält eine Reihe von Änderungen – unter anderem im Aufenthaltsgesetz, im Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie in der Beschäftigungsverordnung (BeschV).
Die Kernpunkte des Gesetzes ist die Klarstellung einer eindeutigen Begriffsdefinition: als Fachkräfte gelten Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit einer qualifizierten Berufsausbildung.
Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten sollen mit einem Arbeitsvertrag und anerkannter Qualifikation in ihren jeweiligen Berufen in Deutschland arbeiten dürfen. Die bisherige Beschränkung auf Mangelberufe fällt weg.
Die bisher in vielen Fällen erforderliche Abfrage, ob für eine offene Stelle ein geeigneter Kandidat aus Deutschland oder der EU zur Verfügung steht, wurde bundesweit ausgesetzt. Wenn sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt ändert, soll die Vorrangprüfung aber wieder eingeführt werden können, zum Beispiel in einzelnen Regionen oder für bestimmte Berufe. Die Prüfung der Arbeitsbedingungen durch die Bundesagentur für Arbeit bleibt bestehen.
Wer über eine berufliche Qualifikation verfügt, darf seinen Beruf in Deutschland ausüben. Auch eine Beschäftigung in verwandten Bereichen ist möglich. Die Qualifikation eines ausländischen Bewerbers soll schon als gleichwertig anerkannt sein, bevor er nach Deutschland kommt. Hierfür wurde die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) eingerichtet, die vom Standort Bonn aus den Arbeitssuchenden als bundesweiter Ansprechpartner zur Seite steht. Sie ist bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit angesiedelt.

Wer eine qualifizierte Berufsausbildung nachweist, kann sechs Monate lang zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland kommen. Während dieser Zeit dürfen Bewerber für bis zu zehn Stunden auf Probe arbeiten oder ein Praktikum absolvieren. Voraussetzungen: Gute Deutschkenntnisse auf B2-Niveau und ein gesicherter Lebensunterhalt. Ein Anrecht auf Sozialleistungen besteht nicht.
Fachkräfte nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sind drittstaatsangehörige Ausländer, die
1.eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzen oder
2.einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss haben.
Nur IT-Spezialisten dürfen auch ohne formalen Abschluss einreisen, müssen allerdings innerhalb der letzten sieben Jahre drei Jahre praktische Erfahrung vorweisen und ein Gehalt von mindestens 60 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung beziehen, d.h. ein Gehalt von derzeit mindestens 4.140 Euro im Monat. Final prüft die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Vermittlungsabsprachen den Kenntnisstand der Bewerber und bestimmt, welche Qualifizierungsmaßnahmen diese für die Anerkennung ihrer Qualifikation noch benötigen. Das FEG stellt klar, dass vor der Einreise der Abschluss des Ausländers im sogenannten Anerkennungsverfahren auf seine Gleichwertigkeit überprüft wird.

Die Erteilung eines Visums soll deutlich schneller möglich sein, wenn Arbeitgeber bei der zuständigen Ausländerbehörde das beschleunigte Fachkräfteverfahren nutzen. Im Portal „Make it in Germany“ wird der Ablauf Schritt für Schritt erklärt.

Am Bedarf an Fachkräften mangelt es nach Ansicht von Arbeitsmarktexperten nicht. Seit dem 1. Juli 2020 ist für Fachkräfte mit einem konkreten Jobangebot die Einreise in die Bundesrepublik wieder möglich.

Ausländerbehörden haben ihre Prozesse an die Herausforderungen des neuen FEG angepasst. Um eine schnelle Bearbeitung zu gewährleisten, gibt es in großen Städten wie Berlin, Frankfurt oder Hamburg zentrale Anlaufstellen mit Teams, die sich ausschließlich mit dem sogenannten beschleunigten Verfahren beschäftigen. Per Vollmacht können Unternehmen die Behörde beauftragen, sie bei der Einstellung von Bewerbern aus Nicht-EU-Ländern zu unterstützen.
Dass der Rahmenvertrag durch persönliche Vorsprache und Unterschrift abgeschlossen werden muss, stellte am Anfang der Pandemie eine Herausforderung dar. Inzwischen bieten die meisten Ausländerbehörden aber wieder eine persönliche Beratung an.

 

Share:

Kategorien

Aktuelle Artikel

Newsletteranmeldung

So bleiben Sie auf dem Laufenden:
Unser Newsletter infor­­miert Sie regel­­mäßig über aktuelle Informa­­tionen.

Ähnliche Beiträge