Die Überlassung betrieblicher Fahrzeuge an Arbeitnehmer war bis dato in einem umfassenden BMF-Schreiben vom 04.04.2018 geregelt, das nun durch das Schreiben vom 03.03.2022 ersetzt wurde. Neben der Einarbeitung zwischenzeitlicher Rechtsprechung des BFH enthält dieser Erlass auch einige andere Neuerungen.
Grundsätzlich startet das BMF mit einer Definition der Fahrzeuge und stellt klar, dass auch Kombinationskraftwagen (z. B. Geländewagen), Taxen, Elektrokleinstfahrzeuge (z. B. Elektro-Tretroller, E-Scooter) und E-Bikes, deren Motor auch bei Geschwindigkeiten über 25 km/h unterstützt, als Kraftfahrzeug im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG gelten. In der Folge ist ein geldwerter Vorteil bei der privaten Nutzung nach der Ein-Prozent-Regelung zu versteuern sowie ‒ für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb ‒ nach der 0,03-Prozent-Regelung. Alternativ ist die Fahrtenbuchmethode anwendbar.
Praxistipp: In Abgrenzung dazu sind E-Bikes, die verkehrsrechtlich als Fahrrad gelten (u. a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht), keine Kraftfahrzeuge. Hier werden die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb im Ergebnis nicht gesondert versteuert.
Wechsel der Bewertungsmethode
Die Vorteile aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens können entweder mit der Ein-Prozent-Regelung oder der aufwändigeren Fahrtenbuchmethode bewertet werden. Ein unterjähriger Wechsel zwischen beiden Methoden ist nicht zulässig
Mit dem neuen BMF-Schreiben wird eine rückwirkender Wechsel der Berechnungsmethode zugelassen. Diese muss allerdings spätestens bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung des betreffenden Jahres erfolgen mit Frist zum 28./29.02. des Folgejahres.
Wird der Dienstwagen einem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen, muss bei Anwendung der 0,03-Prozent-Regelung der geldwerte Vorteil (Monatswert) versteuert werden, selbst wenn das Fahrzeug dafür nur an wenigen Tagen im Monat genutzt wird. Dies gilt auch, wenn die wenigen Fahrten auf arbeitsrechtlicher Vereinbarung bzw. sonstigen Umständen beruhen (z. B. Teilzeit, Home-Office, Dienstreisen, Urlaub, Krankheit etc.). In solchen Fällen ist es zulässig, die Fahrten alternativ mit der sog. Einzelbewertung ‒ d. h. mit 0,002 Prozent des maßgeblichen Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer und je tatsächlichem Arbeitstag ‒ zu versteuern.
Praxistipp: Eine solche Einzelbewertung ist steuerlich immer dann günstiger, wenn der Arbeitnehmer im Durchschnitt weniger als 15 Tage pro Monat zur ersten Tätigkeitsstätte fährt.
Wie bisher muss entweder die 0,03-Prozent-Regelung oder die 0,002-Prozent-Einzelbewertung für das gesamte Jahr einheitlich angewandt werden. Neu ist durch das BMF-Schreiben geregelt, dass beim Lohnsteuerabzug ein rückwirkender Wechsel zwischen den beiden Methoden zulässig ist; dies ebenfalls bis spätestens zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung.
Praxistipp: Ein wirksamer rückwirkender Wechsel zur Fahrtenbuchmethode setzt zwingend voraus, dass bereits laufend ordnungsgemäß dokumentiert wurde. Das FG Nürnberg hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Angabe der bloßen Anzahl der Fahrten ‒ also ohne konkretes Datum ‒ jedenfalls dann ausreicht, wenn diese nur ein- bis zweimal pro Woche stattfanden und seit Jahren insoweit als Werbungskosten vom Finanzamt akzeptiert worden sind.
Nutzungsentgelte für die Privatnutzung
Laufende Zahlungen des Arbeitnehmers für die Privatnutzung mindern als sog. Nutzungsentgelt laufend den geldwerten Vorteil bis maximal auf Null.
Neu geregelt ist, dass auch eine Einmalzahlung für die Privatnutzung den laufenden geldwerten Vorteil gleichmäßig verteilt mindert, wenn diese arbeitsvertraglich auf einen bestimmten Zeitraum bezogen worden ist. Hier hat sich das BMF dem BFH angeschlossen und akzeptiert nun eine gleichmäßige Verteilung auf diesen Zeitraum.
Maßgeblich ist dann der vereinbarte Zuzahlungszeitraum; nicht dagegen die tatsächliche Nutzungsdauer (z. B. bei vorzeitiger Rückgabe, Veräußerung, Tausch oder Totalschaden). Eine Übertragung verbleibender Zuzahlungen auf einen vom Arbeitnehmer genutzten anderen Dienstwagen ist nicht zulässig.
Ohne Vereinbarung eines Zuzahlungszeitraums
Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine ausdrückliche Vereinbarung zum Zuzahlungszeitraum, gelten die bisherigen Grundsätze zu der Behandlung, die Zuzahlung wird nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauffolgenden Jahren auf den privaten Nutzungswert jeweils bis auf null Euro angerechnet.
Praxistipp: Hinsichtlich der Zuzahlungen liegen weder negativer Arbeitslohn noch Werbungskosten vor. Die Übertragung eines nicht verbrauchten Betrags auf ein anderes vom Arbeitnehmer genutztes Fahrzeug ist nicht zulässig; der Restbetrag verfällt.
Mit arbeitsvertraglich vereinbartem Zuzahlungszeitraum
Treffen Arbeitgeber und -nehmer eine ausdrückliche Vereinbarung zum Zuzahlungszeitraum, wird dieser Zuzahlungs-zeitrum steuerlich übernommen, wenn lt. Rechtsprechung „die Verteilung von den Parteien ernsthaft gewollt und den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht widerspricht“. Auch hier hat sich das BMF der o. g. BFH-Rechtsprechung angeschlossen und akzeptiert eine gleichmäßige Verteilung auf diesen Zeitraum.
Praxistipp: Ob im Einzelfall ein Sofortabzug jeweils bis auf Null oder eine gleichmäßige Verteilung auf einen bestimmten Zeitraum mit Blick auf die Steuerprogression vorteilhafter ist, richtet sich nach der individuellen Einkommenssituation des Arbeitnehmers. Damit von der Zuzahlung steuerlich nichts verfällt, ist es sinnvoll, den Zuzahlungszeitraum grundsätzlich an dem Zeitraum auszurichten, in dem der Arbeitnehmer das Fahrzeug voraussichtlich nutzt.
Einmalzahlung auf Leasingsonderzahlung
Least der Arbeitgeber einen Dienstwagen und leistet der Arbeitnehmer, der dieses Fahrzeug nutzt, auf die Leasingsonderzahlung des Arbeitgebers eine Einmalzahlung, gelten die o. a. Regelungen für Zuzahlungen zu Anschaffungskosten sinngemäß.
Die Neuerungen können zu einer niedrigeren Steuerbelastung führen und sind ab sofort und in allen offenen Fällen anzuwenden.