Schnell gelesen: Am 17.06.2022 hat das BMF umfangreiche FAQ zur Energiepreispauschale (EPP) veröffentlicht und in diesen wichtige Praxisfragen geklärt. Am 20.07.2022 wurden die FAQ aktualisiert. Wir fassen die wichtigsten Konkretisierungen daraus zusammen und erläutern weitere häufiger sich auftretende Fragestellungen.
Die EPP und die Auszahlung durch den Arbeitgeber
Die EPP in Höhe von 300 Euro erhalten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ausgezahlt, wenn sie zum 01.09.2022
- in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen und
- unter die Steuerklasse I bis V fallen
- oder als geringfügig Beschäftigte pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen (§ 40a Abs. 2 EStG).
Der Arbeitgeber muss die EPP gemäß § 117 Abs. 2 S. 1 EStG im September 2022 auszahlen. Maßgebend für die Auszahlung an den Arbeitnehmer ist also die (Lohn-)Abrechnung, die im September 2022 erstellt wird (egal, ob am Anfang oder Ende des Monats). Meldet der Arbeitgeber die Lohnsteuer nur quartalsweise an (LSt im Vorjahr über 1.080 Euro bis 5.000 Euro), darf er die Auszahlung auch erst im Oktober 2022 vornehmen. Meldet er die Lohnsteuer nur jährlich an (LSt im Vorjahr bis 1.080 Euro), darf er auf die Auszahlung insgesamt verzichten (§ 117 Abs. 3 EStG). Seine Arbeitnehmer erhalten die EPP dann über die Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022.
Anspruchsberechtigte Personen für EPP
Das BMF stellt klar, dass neben den bekannten Personengruppen auch Vorstände und Geschäftsführer mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Anspruch auf die EPP haben.
Empfänger von Versorgungsbezügen oder Renten (inkl. Erwerbsminderungsrenten) sind alleine aus diesen Bezügen nicht anspruchsberechtigt. Gleiches gilt für Arbeitnehmer, die Arbeitslohn aus einer „früheren Dienstleistung“ erzielen, weil es sich nicht um Arbeitslohn aus einer aktiven Beschäftigung handelt (z. B. Arbeitnehmer bezieht Vorruhestandsgeld). Arbeitnehmer in der passiven Phase der Altersteilzeit haben jedoch weiterhin einen Anspruch auf die volle Pauschale.
Auszahlung der EPP durch den Arbeitgeber
Das BMF erläutert, dass der Arbeitgeber auch den Arbeitnehmern die EPP auszahlen muss, die bereits vor dem 01.01.2022 erkrankt sind. Voraussetzung ist dabei, dass die erkrankten Arbeitnehmer im Jahr 2022 noch Lohnersatzleistungen beziehen (z. B. Krankengeld) und am 01.09.2022 in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Arbeitgeber stehen.
Keine Lohnpfändung der EPP
Entgegen vorheriger Verlautbarungen stellt das BMF klar, dass die EPP von einer Lohnpfändung nicht erfasst wird, weil es sich arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um „Arbeitslohn“ oder „Arbeitsentgelt“ handelt.
Steuerpflicht der EPP
Das BMF konkretisiert in den FAQ, dass der Bezug der EPP allein nicht zu der Verpflichtung führt, eine Einkommensteuererklärung abgeben zu müssen. Besteht jedoch aus anderen Gründen eine Abgabeverpflichtung (z. B. nebenberufliche Einkünfte), bleibt diese Verpflichtung bestehen und es ist beim Finanzamt eine Einkommensteuererklärung einzureichen.
Beschäftigung aus In- und Ausland bzgl. EPP
Mitarbeiter, die ins Ausland verziehen, unabhängig ob vor oder nach dem 01.09.2022 als Stichpunkt für die EPP, sind zwar ab dem Zeitpunkt lediglich beschränkt steuerpflichtig, der Anspruch auf die Energiepreispauschale (EPP) von 300 Euro im September bleibt aber bestehen.
Wichtig: Im umgekehrten Fall (z. B. beschränkte Steuerpflicht bis zum 30.09. und unbeschränkte Steuerpflicht ab dem 01.10.2022 ‒ also nach dem 01.09.2022) hat der inländische Arbeitgeber im September 2022 keine EPP an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Dieser Arbeitnehmer erhält die EPP erst mit der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2022.
EPP bei Minijob und Leistungen vom Jobcenter
Ein Arbeitnehmer ist als Minijobber tätig und wird ansonsten durch das Jobcenter versorgt. Er übt keine weiteren Tätigkeiten aus. Da er in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis steht, kann ihm sein Arbeitgeber die EPP im September 2022 auszahlen. Hierzu muss er seinem Arbeitgeber aber schriftlich bestätigen, dass es sich bei dem Minijob um sein erstes Dienstverhältnis handelt. Ein Muster für die Bestätigung des ersten Dienstverhältnisses finden Sie in den FAQ des BMF.
Hinweis: Gibt der Arbeitgeber keine Lohnsteueranmeldungen ab, darf er die Auszahlung nicht vornehmen. Der Arbeitgeber kann auf die Auszahlung verzichten, wenn er nur jährliche Anmeldungen abgibt. Dann kann sich der Minijobber die EPP durch die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 vom Finanzamt auszahlen lassen. Dies ist auch erforderlich, wenn der Minijobber sonst noch nie eine Erklärung abgegeben haben sollte und er auch keine Erklärung abgeben muss. Gibt er nicht freiwillig eine Erklärung ab, geht er endgültig leer aus. Einen anderen Weg zur Auszahlung gibt es nicht.
EPP bei Selbstständigkeit und einer parallelen Beschäftigung in der Gleitzone als Angestellter („Midijob“)
Als Midijobber ist der Arbeitnehmer nichtselbstständig tätig. Wenn es sich um sein einziges aktives Dienstverhältnis handelt, wird es in eine der Steuerklassen I bis V eingeordnet sein. Besteht das Arbeitsverhältnis am 01.09.2022, erhält die Person die EPP von 300 Euro daher vom Arbeitgeber ausgezahlt.
Ausschlüsse aus der Zahlungspflicht könnte es geben, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteueranmeldungen jährlich abgibt. Als Jahreszahler kann der Arbeitgeber auf die Auszahlung verzichten. Kommt es nicht zur Auszahlung durch den Arbeitgeber, erhält der Midijobber die EPP im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2022.
Wurde für die Einkünfte aus der Selbstständigkeit zum 10.09.2022 eine Vorauszahlung zur Einkommensteuer festgesetzt, kann es sein, dass das Finanzamt diese um die EPP von 300 Euro mindert. Das ist der Fall, wenn dem Finanzamt die Angestelltentätigkeit nicht bekannt sein sollte. In diesem Fall erhält die Person die Pauschale aber nur kurzfristig mehrfach. Im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2022 wird das Finanzamt die rein vorläufige Minderung der Vorauszahlung prüfen und den zu Unrecht gezahlten Betrag zurückfordern.