Entgeltunterlagen für DRV-Prüfung werden digital

Das 7. SGB IV-Änderungsgesetz beinhaltete auch die Neuerungen bei der BVV, die seit Beginn des Jahres 2022 Anwendung finden und vorschreiben, wie Entgeltunterlagen digital im Rahmen einer SV-Prüfung vorgehalten werden müssen. Zahlreiche Diskussionen der Arbeitskreis fanden nun Eingang in den Regelungen, die die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in den „Gemeinsamen Grundsätzen nach § 9a BVV zur Bestimmung von Art und Umfang der Speicherung, der Datensätze und des Weiteren zum Verfahren für die Entgeltunterlagen nach § 8 BVV und für die Beitragsabrechnung nach § 9 BVV“ festgelegt haben. Diese wurden mit Wirkung zum 1. April 2022 durch das BMAS genehmigt.

Die Führung der begleitenden Entgeltunterlagen in elektronischer Form ist unter anderem mit der Zielsetzung verknüpft worden, die Betriebsprüfung als elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP), die ab dem 1. Januar 2023 verpflichtend ist, für die Arbeitgeber zu vereinfachen. Zu den begleitenden Entgeltunterlagen können unterschiedliche Unterlagen gehören, z. B.:

> Arbeitsvertrag,

> Personalfragebogen,

> Kopie vom Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status sowie der dazugehörige Bescheid,

> Stundenaufzeichnungen,

> Ernennungsurkunde,

> vorläufiger oder endgültiger Aufenthaltstitel,

> Nachweise über getroffene Vorkehrungen zum Insolvenzschutz von Wertguthaben.

 

Diese müssen nun als Datei geführt werden, um sie auf elektronischem Wege übermitteln zu können. Dafür gelten gewisse technische Vorgaben:

  • Eine Entgeltunterlage ist bei Anforderung in einer separaten Datei zur Verfügung zu stellen: Unzulässig sind zwei oder mehr Unterlagen in einer Datei. In der Datei müssen alle für die Darstellung der Unterlage notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) enthalten und lesbar sein. Der Dokumenteninhalt muss orts- und systemunabhängig darstellbar sein.
  • Für PDF-Dateien ist das Einbinden von Online-Signaturen und Transfervermerken sowie Formularfeldern zulässig. Sie dürfen nachträglich allerdings nicht mehr veränderbar sein.
  • Der Arbeitgeber trägt dabei die Verantwortung, dass die Entgeltunterlage vollständig und lesbar ist. Für die Digitalisierung sind nur die gängigen Formate (PDF-Dateien und Bilddateien im Format jpeg, bmp, png oder tiff) zulässig.
  • Die angeforderte Entgeltunterlage ist als Datei mit einem sprechenden Namen (Art der Entgeltunterlage, namentliche und zeitliche Zuordnung zum Inhalt des Dokuments) zu versehen (z. B. immatrikulationsbescheinigung-mustermann_max_WS_2023-2024.pdf).

Dabei darf der Name nicht mehr als 64 Zeichen betragen und keine Sonderzeichen beinhalten.

Alternativ zu einem sprechenden Namen kann die angeforderte Entgeltunterlage durch andere Erläuterungen beschrieben werden, beispielsweise durch eine tabellarische Zuordnung oder durch eine textliche Beschreibung. Maßgeblich bleiben dieselben Kriterien über Art der Entgeltunterlage, namentliche und zeitliche Zuordnung zum Inhalt des Dokuments. Ein derartiges Zuordnungskriterium erspart vermeidbare Rückfragen, z. B. bei der Betriebsprüfung. Außerdem ist eine analoge Anwendung der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) zur Speicherung von Entgeltunterlagen zulässig, soweit keine Bestimmungen der Sozialgesetzbücher, der BVV oder der Gemeinsamen Grundsätze nach § 9a BVV dem entgegenstehen.

 

Wo der Arbeitgeber die Entgeltunterlagen in elektronischer Form führt, bleibt ihm überlassen. In Betracht kommen z.B.

> professionelle Dokumentenablagen,

> Dateimanagementsysteme,

> zertifizierte Lohnabrechnungsprogramme,

> Ordnerverzeichnisse auf einem Computer oder

> in einer Cloud.

 

Dies heißt aber nicht, dass jeder Arbeitgeber verpflichtet ist, rückwirkend für seine Beschäftigten die Personalakten und Archive zu digitalisieren. Die neue Regelung gilt ab dem 01. Januar 2022 für alle neuen Tatbeständen, wie z.B. die Vorlage einer aktuellen Studienbescheinigung.

 

Anhand folgender Beispiele wird deutlich, ob die jeweilige Entgeltunterlage elektronisch zu führen ist:

Beispiel 1: Beginn der Beschäftigung am 1. Februar 2020 (mit schriftlichem Arbeitsvertrag), Immatrikulationsbescheinigung (Sommersemester 2021) wurde ausgestellt am 4. April 2021.

Folgen für die Vorlage von Entgeltunterlagen in der Betriebsprüfung:

Der Arbeitgeber kann die Immatrikulationsbescheinigung in elektronischer Form führen, ist jedoch nicht dazu verpflichtet, weil es sich um einen Tatbestand vor 2022 handelt, gleiches gilt für den Arbeitsvertrag.

 

Beispiel 2: Beginn der Beschäftigung am 1. Februar 2020 (mit schriftlichem Arbeitsvertrag), Immatrikulationsbescheinigung (Wintersemester 2022/2023) wurde ausgestellt am 4. Oktober 2022.

Folgen für die Vorlage von Entgeltunterlagen in der Betriebsprüfung:

Der Arbeitgeber hat die Immatrikulationsbescheinigung in elektronischer Form zu führen.

Er KANN den Arbeitsvertrag in elektronischer Form führen, da vor 2022 ausgesteht, besteht dazu keine Verpflichtung.

 

Dokumente mit und ohne Unterschrift

Die Arbeitnehmer können die von ihnen vorzulegenden Entgeltunterlagen ihrem Arbeitgeber auch elektronisch zur Verfügung stellen. Das ist insofern eine Vereinfachung, weil hierzu im Regelfall z. B. ein einfaches Foto mit dem Smartphone genügt, die relevanten Entgeltunterlagen schnell und unkompliziert zu übermitteln. Ausnahmen gelten aber bei Erklärungen und Anträgen, die der Beschäftigte selbst zu unterschreiben hat. Für folgende, in § 8 Abs. 2 BVV aufgeführten Erklärungen und Anträge der Beschäftigten verlangen die einschlägigen gesetzlichen Regelungen diese Schriftform:

  • Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1b SGB VI
  • Erklärung über den Auszahlungsverzicht von zustehenden Entgeltansprüchen
  • Erklärung zu Inanspruchnahme einer Pflegezeit im Sinne des § 3 des Pflegezeitgesetzes
  • Erklärung des Verzichts auf die Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 S. 2 SGB VI oder § 230 Abs. 9 S. 2 SGB VI

 

Hier muss nach wie vor sichergestellt werden, dass der Beschäftigte diese Dokumente unterschrieben hat. Er kann diese mit einer „qualifizierten elektronischen Signatur“ – wie es in der Verordnung heißt – oder wie bisher in Papierform seinem Arbeitgeber übermitteln oder übergeben. Stellt er diese Unterlagen nur in Papierform zur Verfügung, kann der Arbeitgeber sie mit seiner fortgeschrittenen Signatur elektronisch erfassen. Dafür kann ein im Meldeverfahren ausgestelltes Zertifikat verwendet werden. Nach vollständiger Übernahme in elektronischer Form können dann die schriftlichen Entgeltunterlagen vernichtet werden (§ 9 Abs. 5 BVV).

 

Überführt der Arbeitgeber das Originaldokument ohne fortgeschrittene Signatur in die elektronische Form, muss er das Originaldokument zusätzlich in Papierform aufbewahren. Nicht ausreichend ist die Führung von nicht unterschriebenen schriftlichen Erklärungen und Anträgen mit Unterschriftserfordernis als PDF-Dateien oder als Bilddateien im Format jpeg, bmp, png oder tiff.

 

Nach wie vor kann sich der Arbeitgeber auf Antrag bei dem für ihn zuständigen Betriebsprüfdienst der Rentenversicherung bis 31. Dezember 2026 von der Pflicht zur Führung der elektronischen Entgeltunterlagen nach § 8 Abs. 3 BVV befreien lassen. Ein formloser Antrag ist ausreichend.

 

Die Betriebsprüfdienste der Rentenversicherung haben darüber hinaus beschlossen, für das gesamte Jahr 2022 Verstöße gegen die Verpflichtung zur elektronischen Führung von Entgeltunterlagen nicht zu beanstanden. Hinweis: Hier finden Sie die zuvor erwähnten Gemeinsamen Grundsätze nach § 9a BVV. Die Gesetze enthalten im Moment auch noch keine Bußgeld- oder Strafvorschriften, wenn die Unterlagen nicht wie vorgeschrieben vorgehalten werden.

 

 

 

Share:

Kategorien

Aktuelle Artikel

Newsletteranmeldung

So bleiben Sie auf dem Laufenden:
Unser Newsletter infor­­miert Sie regel­­mäßig über aktuelle Informa­­tionen.

Ähnliche Beiträge