Die Finanzverwaltung definiert Zusätzlichkeitskriterium neu

Um Mitarbeitern mehr netto vom brutto zukommen zu lassen, zahlen Arbeitgebern den Mitarbeitern häufig anstelle von individuell zu versteuerndem Barlohn Arbeitslohn in Form von zweckbestimmten Leistungen, Sachzuwendungen oder pauschal zu versteuernden Bezügen aus. Dadurch kann die Lohnsteuer reduziert werden, weil

  • der Sachbezug ggf. niedriger bewertet wird als eine Barlohnzahlung, sodass entsprechend weniger Arbeitslohn zu versteuern ist,
  • der anzuwendende Pauschsteuersatz niedriger ist als die individuelle Steuer des Mitarbeiters, oder
  • eine steuerfreie Leistung gewährt wird.

Darüber hinaus führen die meisten Pauschalierungen der Lohnsteuer zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. Einige Steuervergünstigungen erfordern es, dass die begünstigte Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird, eine Gehaltsumwandlung ist dann also nicht möglich.

Die Finanzverwaltung geht jetzt nur noch dann von einer „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbrachten Leistung aus, wenn

1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird,

2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt wird,

3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und

4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Diese Definition ist in allen Fällen anzuwenden, unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist (BMF, Schreiben vom 05.02.2020). Das bisherige BMF-Schreiben vom 22.05.2013 wird aufgehoben. In dem war geregelt, dass für die Zusätzlichkeit lediglich Voraussetzung ist, dass eine „zweckbestimmte Leistung“ zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber aus anderen Gründen schuldet.

Relevant ist diese Sicht der Dinge u. a. für folgende Sachverhalte:

  • Steuerfreies Job-Ticket (§ 3 Nr. 15 EStG)
  • Steuerfreie Kindergartenzuschüsse (§ 3 Nr. 33 EStG)
  • Steuerfreie Zuschüsse zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung bis zur Höhe von 500 Euro im   Kalenderjahr (§ 3 Nr. 34 EStG)
  • Steuerfreie Leistungen für Familienservice und Kindernotbetreuung (§ 3 Nr. 34a EStG)
  • Steuerfreie Überlassung eines betrieblichen (Elektro-)Fahrrads zur privaten Nutzung (§ 3 Nr. 37 EStG)
  • Steuerfreies Aufladen von Elektroautos oder Hybridelektrofahrzeugen im Betrieb des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 46 EStG)
  • Mit einem Steuersatz von 15 Prozent zu versteuernde Barzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (§ 40 Abs. 2 S. 1 EStG)
  • Pauschal zu versteuernde Beträge für die Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten samt Zubehör und Zuschüsse für die Internetnutzung (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG)
  • Pauschal zu versteuernde unentgeltliche oder verbilligte Übereignung eines betrieblichen Fahrrads (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG)
  • Pauschalierung der Lohnsteuer für Sachzuwendungen nach § 37b Abs. 2 EStG

Streitigkeiten bei solchen Gestaltungen, die nach den BFH-Urteilen im Vertrauen auf die Urteile ohne vorherige Anrufungsauskunft zwischen Arbeitgeber und -nehmer vereinbart worden waren, die also eigentlich steuerunschädlich sind, sind vorprogrammiert. Der Arbeitgeber muss die steuerliche Anerkennung in diesen Fällen gerichtlich durchsetzen. Da die Urteile nicht im BStBl. veröffentlicht wurden, muss sich das Finanzamt nicht an sie halten. Geplant ist, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Zusätzlichkeit gesetzlich regeln wird. Eine geplante Regelung im Grundrentengesetz wurde zwischenzeitlich wieder verworfen.

 

 

 

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