Anteilige Jahresarbeitsentgeltgrenze bei Ausgleich von Überstunden bei Beschäftigungsende

Arbeitszeitkonten, die zur Verstetigung des Arbeitslohns geführt werden, um witterungs- und jahreszeitlich bedingte Schwankungen auszugleichen, werden im Normalfall über Freistellungen ausgeglichen. Im „Störfall““, also bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und Ausgleich durch Auszahlung des Lohns im letzten Beschäftigungsmonat, ist für die Verbeitragung die anteilige Jahresarbeitsentgeltgrenze maßgebend und nicht die Beitragsbemessungsgrenze im konkreten Auszahlungsmonat. So sehen es jedenfalls die Deutsche Rentenversicherung und das LSG Baden-Württemberg.

Streit um Überstunden bei Beschäftigungsende

Eine Arbeitgeberin, die als Dienstleistungsunternehmen der Garten- und Landschaftspflege auf dem Markt auftrat, führte für verschiedene Mitarbeiter Arbeitszeitkonten zur Verstetigung des Arbeitslohns. Ziel war es, witterungs- und jahreszeitlich bedingte Schwankungen auszugleichen.

Für Arbeitgeberin BBG im Auszahlungsmonat maßgebend
Im September und Oktober schieden elf Arbeitnehmer aus. Die für diese Beschäftigten auf den Arbeitszeitkonten angesparten Überstunden zahlte die Arbeitgeberin im letzten Monat des Beschäftigungsverhältnisses in einer Summe aus und verbeitragte den Betrag als laufenden Arbeitslohn im Auszahlungsmonat bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze.

DRV wendet Regelung für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt an
Die Deutsche Rentenversicherung sah bei einer Betriebsprüfung die Auszahlung der Überstunden durch die Auflösung der Arbeitszeitkonten anders. Sie forderte Sozialversicherungsbeiträge nach. Die angesammelt gezahlten Mehrarbeitsvergütungen oder Auflösungen von Arbeitszeitkonten seien steuer- und beitragspflichtiges und aufgrund ihrer Zeitbezogenheit laufendes Arbeitsentgelt. Zur Vereinfachung könne bei Zahlungen die Regelung für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt angewandt werden. Dabei sei die anteilige Jahresarbeitsentgeltgrenze des Nachzahlungszeitraums zugrunde zu legen.

Die Klage der Arbeitgeberin blieb erfolglos. Das LSG schloss sich aktuell im März 2018 der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung an.

LSG hält Zuflussprinzip für maßgebend

Nach Ansicht des LSG gebe es für diesen Fall keine eindeutige gesetzliche Regelung. Der Sachverhalt sei am ehesten mit einem einmalig gezahlten Arbeitsentgelt im Sinne des § 23a Abs. 1 S. 3 SGB IV zu vergleichen. Das gesetzlich vorgeschriebene Zuflussprinzip solle sicherstellen, dass die Beitragserhebung entsprechend der verstetigten Lohnzahlung erfolgen könne.

  • Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sei nach der gesetzlichen Regelung dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt werde.
  • Auch das angesparte Zeitguthaben sei daher entsprechend dieser Regelung nach der anteiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze zu verbeitragen.

Keine Privilegierung bei nicht vereinbarungsgemäß verwendetem Guthaben

Würde man bei nicht vereinbarungsgemäßer Verwendung des Arbeitszeitguthabens die Beitragserhebung allein anhand des Auszahlungsmonats vornehmen, würde man sonstige flexible Arbeitszeitmodelle außerhalb von Wertguthabenvereinbarungen besserstellen. Denn dann wären Beiträge nur aus dem Entgelt bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu erheben. Eine solche Privilegierung sei aber im Gesetz an keiner Stelle angelegt, so das LSG.

Bedeutung des Urteils für die Praxis

Wird die anteilige Jahresarbeitsentgeltgrenze des Nachzahlungszeitraums zugrunde gelegt, statt den Betrag als laufenden Arbeitslohn im Auszahlungsmonat bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu verbeitragen, werden höhere Sozialversicherungsbeiträge fällig.

Keine Verbeitragung der Überstundenvergütung in besonderen Fällen
Betrachtet man die Überstundenvergütung als einmaliges Entgelt, wird bei der Beitragsberechnung nach der anteiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze die Überstundenvergütung in zwei Fällen nicht verbeitragt:

  • Wird mit dem laufenden Arbeitsentgelt die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung überschritten, ist die Überstundenvergütung nicht zu verbeitragen. Das ist der Fall, wenn ein Arbeitnehmer im Jahr 2018 laufend ein Gehalt von monatlich 6.500 Euro in den alten Bundesländern bzw. 5.800 Euro in den neuen Bundesländern erhält (monatliche Beitragsbemessungsgrenze für Renten- und Arbeitslosenversicherung 2018).
  • Beiträge aus der Überstundenvergütung werden auch dann nicht fällig, wenn das Arbeitsverhältnis beendet und im laufenden Jahr bis zum Ausscheiden kein laufendes Entgelt bezogen worden ist. Es gibt dann keine Sozialversicherungstage, mit deren Hilfe Beiträge zu berechnen wären.

Bei Auflösung zwischen Januar und März 2018 ist allerdings die „Märzklausel“ zu prüfen.

Revision zum BSG zugelassen
Es gibt keine gesetzliche Regelung für die Verbeitragung im „Störfall“, also bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und Ausgleich durch Auszahlung des Lohns im letzten Beschäftigungsmonat. Das LSG hat die Revision daher zum BSG wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

 

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