Die Rentenversicherungsträger setzen bei Betriebsprüfungen neben Beitragsforderungen oft auch Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV fest. Wie informiert, gab es dazu einige Entscheidungen Ende 2018, die nicht kommuniziert wurden: Arbeitgeber, bei denen in den letzten Jahren eine Betriebsprüfung stattgefunden hat, können unter bestimmten Voraussetzungen Säumniszuschläge zurückholen.
Der Arbeitgeber muss für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die er nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag in Höhe von ein Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrags zahlen. Nur bei einem rückständigen Betrag unter 100 Euro kann dieser entfallen.
Insbesondere bei der Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen von Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger können die Säumniszuschläge erheblich sein.
Generell gilt: Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nur nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
Wann „unverschuldete Unkenntnis“ vorlag, war bislang umstritten. Um unverschuldete Unkenntnis auszuschließen, sollte beim Beitragsschuldner
- nach einer Ansicht wenigstens bedingter Vorsatz erforderlich sein,
- nach anderer Ansicht sollte Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit Verschuldensmaßstab, § 276 BGB) bzw.
- nach Ansicht der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung wenigstens grobe Fahrlässigkeit genügen.
Wichtig Das BSG hat diesen Meinungsstreit jetzt beendet und damit den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung widersprochen:
- Verschulden nach § 24 Abs. 2 SGB IV setzt aus systematischen Gründen wenigstens bedingten Vorsatz für die Beitragspflicht voraus.
- Einfache Fahrlässigkeit und selbst grobe Fahrlässigkeit genügen nicht.
Von einem bedingten Vorsatz ist auszugehen, wenn ein Arbeitgeber seine Zahlungspflicht für möglich hält, die Nichtzahlung der Beiträge aber zumindest billigend in Kauf nimmt und sich mit diesem Risiko abfindet.
Bescheide können, auch wenn sie unanfechtbar geworden sind, zurückgenommen werden. Voraussetzung ist, dass bei Erlass des Bescheids das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben wurden (§ 44 Abs. 1 SGB X). Nicht rücknehmbar ist der Bescheid, wenn der betroffene Arbeitgeber vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat — was in der Praxis kaum vorkommt.
PRAXISTIPP: Arbeitgeber, in deren Betrieb in den letzten Jahren eine Betriebsprüfung stattgefunden hat und bei denen Säumniszuschläge nachgefordert wurden, sollten reagieren. Sie sollten beim Rentenversicherungsträger unverzüglich eine Überprüfung nach § 44 SGB SGB X beantragen. Zur Begründung sollten sie auf das BSG-Urteil vom 12.12.2018 (Az. B 12 R 15/18 R) verweisen. Die Zuschläge werden längstens für vier Jahre zurück erstattet. Bei Antragstellung 2019 kommen Erstattungen für die Zeiten ab 2015 in Betracht.