Ausländische Grenzgänger: Regelun­gen zur Grenzgängerregelung mit Frankreich

Gerade Arbeitnehmer, die im Ausland grenznah zu Deutschland wohnen, pendeln oft zur Arbeit nach Deutschland, ggf. mit einer zusätzlichen Vereinba­rung über tageweise Home-Office-Tätigkeit im Aus­land. Dadurch nimmt die Anzahl der ausländischen Grenzpendler bzw. -gänger tendenziell zu. Auf­grund der vermehrten Anfragen dazu, möchten wir die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Re­gelungen verschiedener Länder genauer betrach­ten: In dieser Ausgabe geht es um die für franzö­sische Grenzpendler attraktive Grenzgängerregelung mit Frankreich.

Grenzpendler sind Arbeitnehmer, die im Ausland wohnen, aber grundsätzlich arbeitstäglich nach Deutschland pendeln. Einige Doppelbesteuerungs­abkommen (DBA), u. a. auch das Abkommen zwi­schen Deutschland und Frankreich, sehen Sonder­regelungen für diesen Personenkreis vor. Ist eine derartige Sonderregelung im DBA verankert, wird allgemein nicht mehr von Grenzpendlern, sondern von Grenzgängern gesprochen.

Das DBA Deutschland und Frankreich sieht als Grundsatz die Besteuerung im Tätigkeitsstaat vor. Ein Arbeitnehmer, der in Frankreich wohnt und nach Deutschland zu seinem Arbeitgeber pendelt, wird demnach also grundsätzlich steuerpflichtig in Deutschland. Eine Abweichung von diesem Tätig-keitsstaatsprinzip stellt die Grenzgängerregelung mit Frankreich im DBA dar. Sind die Voraussetzun­gen dieser Grenzgängerregelung erfüllt, erfolgt die Besteuerung des französischen Grenzgängers nicht im Tätigkeitsstaat Deutschland, sondern im Ansässigkeitsstaat Frankreich. Die Grenzgängerregelung ist insbesondere deshalb sehr attraktiv für franzö­sische Grenzpendler, weil die Besteuerung in Frankreich gegenüber der Besteuerung in Deutsch­land vergleichsweise niedrig ist. Die Grenzgängerregelung sieht zunächst eine räumliche Einschrän­kung vor: Grenzgänger ist demnach nur, wer in­nerhalb der Grenzzone wohnt und arbeitet. Gemäß Vorgaben in Frankreich muss der Wohnort in einer Gemeinde liegen, die maximal 20 km von der Grenze entfernt liegt.

Praxistipp: Der Wohnsitz selbst darf durchaus wei­ter entfernt sein. Entscheidend ist, dass die äu­ßerste Grenze der Gemeinde, in der sich der Wohn­sitz befindet, nicht mehr als 20 km von der Grenze entfernt ist. Dies sind die Départements Haut-Rhin, Bas-Rhin oder Moselle. Dies lässt sich sogar noch weiter ausdehnen: Der Lebensmittelpunkt/Familienwohnsitz muss sich NICHT in der Grenzzone be­finden; die Grenzgängerregelung kann auch ge­nutzt werden, wenn der Arbeitnehmer ein kleines Apartment als Zweitwohnsitz in der Grenzzone an­mietet, um von dort zu pendeln. Der Tätigkeitsort in Deutschland muss sich in einer Entfernung von 30 km Luftlinie zur Grenze befinden (z. B. das Saar­land, Teile von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz).

Grundsätzlich hat ein Grenzpendler arbeitstäglich zu pendeln, also nach Feierabend aus Deutschland an seinen Wohnsitz in Frankreich zurückzukehren. Kehrt ein Arbeitnehmer nicht täglich an seinen Wohnsitz zurück oder ist er an ganzen Arbeitstagen an Arbeitsorten außerhalb der Grenzzone beschäf­tigt, kann er seinen Grenzgängerstatus behalten: Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Tä­tigkeit während des gesamten Kalenderjahrs im Grenzgebiet ausübt und während dieses Zeitraums an maximal 45 Arbeitstagen

  • nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt bzw.
  • außerhalb des Grenzgebietes für seinen Arbeitgeber tätig ist (sog. Nicht-Rückkehr-Tage).

Sollte das Beschäftigungsverhältnis nicht das ge­samte Kalenderjahr andauern (z. B. bei unterjähri­ger Tätigkeitsaufnahme), wird abweichend von den 45 Tagen auf 20 Prozent der insgesamt während des Beschäftigungszeitraums geleisteten Arbeits­tage abgestellt.

Zu den für die Grenzgängereigenschaft unschädli­chen Tagen gehören

  • Arbeitstage im Home-Office in der Grenzzone oder
  • kurzzeitige Tätigkeiten des Arbeitnehmers außerhalb der Grenzzone, wenn am gleichen Tag auch innerhalb der Grenzzone gearbeitet wird.

Somit kann eine eintägige Dienstreise nur dann zu schädlichen Tagen führen, wenn der Arbeitnehmer an dem Tag nicht innerhalb der Grenzzone tätig war. Sprich: Nur ganze Arbeitstage außerhalb der französischen und deutschen Grenzzone sind schädliche Tage.

Zu den Arbeitstagen, die für die Grenzgängereigenschaft schädlich sind, gehören mehrtägige Dienstreisetage außerhalb der Grenzzone. Bei mehrtägigen Dienstreisen sind sämtliche Reisetage als schädlich anzusehende Arbeitstage einzubeziehen. Ausnahme sind die einzelnen Tage, an denen nicht gearbeitet wird (z. B. Sonntag). Erstreckt sich die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers über mehr als ei­nen Tag (z. B. Schichtarbeit, Nachtdienst etc.), so ist kein Nicht-Rückkehrtag anzunehmen. Sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Grenzgängerregelung erfüllt und ist die Anwendung der Grenzgängerregelung beantragt, kann der deut­sche Arbeitgeber vom Lohnsteuereinbehalt in Deutschland absehen. Dazu muss der Grenzgänger mit dem Formular 5011 eine Freistellungsbeschei­nigung beim zuständigen deutschen Finanzamt be­antragt und das Finanzamt muss diese Freistel­lungsbescheinigung erteilt haben. Der Grenzgänger wird dann ausschließlich in seinem Ansässigkeits-staat Frankreich steuerpflichtig. Die Abführung der Steuer in Frankreich im Rahmen einer französi­schen Einkommensteuererklärung ist dabei allein die Verpflichtung des Grenzgängers. Der deutsche Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, französische Lohnsteuer abzuführen.

Verliert der Arbeitnehmer seinen Grenzgängerstatus, z. B. weil er mehr als 45 schädliche Nicht-Rückkehrtage hat, finden die allgemeinen Regelun­gen des DBA zwischen Deutschland und Frankreich Anwendung. Demnach wird der Grenzgänger be­schränkt steuerpflichtig in Deutschland mit dem anteiligen Gehalt für deutsche Arbeitstage. Der in­ländische Arbeitgeber muss darauf entsprechend deutsche Lohnsteuer berechnen und abführen. Die­ser Lohnsteuereinbehalt hat grundsätzlich abgel­tende Wirkung, d. h. der Arbeitnehmer ist nicht dazu verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung in Deutschland abzugeben (unterstellt, dass der Ar­beitnehmer keine weiteren privaten Einkünfte aus deutschen Quellen erzielt, die zu einer Erklärungs­pflicht in Deutschland führen).

Praxistipp: Der Arbeitnehmer kann auf Antrag als fiktiv unbeschränkt einkommensteuerpflichtig be­trachtet werden. In diesem Fall kann er vom Fami­liensplitting und dem Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastun­gen profitieren, was einem lediglich beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer nicht erlaubt ist. Die Beantragung der fiktiven unbeschränkten Steu­erpflicht ist allerdings nicht in jedem Fall vorteil­haft, da in Frankreich steuerpflichtige Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts, also zur Er­mittlung des persönlichen Steuersatzes herangezo­gen werden. Es wird daher empfohlen, bei Wegfall der Grenzgängereigenschaft im Zweifel eine Ver­gleichsberechnung durchzuführen, um festzustel­len, ob im konkreten Fall die fiktiv unbeschränkte Steuerpflicht vorteilhaft ist oder eben nicht. Das Besteuerungsrecht für Arbeitstage in Frankreich oder Drittstaaten steht Frankreich als Ansässigkeitsstaat zu. In Frankreich hat der Arbeitnehmer eine Einkommensteuererklärung einzureichen.

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