Garantiezinssenkung in der Lebensversicherung: Folgen für die betriebliche Altersversorgung

Zum 01.01.2022 wurde der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung von zuletzt 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent reduziert. Der Höchstrechnungszins ist der Zinssatz, den die Versicherungsunternehmen bei der Berechnung der Deckungsrückstellungen höchstens verwenden dürfen. Umgangssprachlich wird der Höchstrechnungszins oft mit dem Garantiezins gleichgesetzt, also dem Zins, der bei Abschluss des Versicherungsvertrags für die gesamte Laufzeit des Vertrags auf die Sparbeiträge garantiert wird.

Die Absenkung des Höchstrechnungszinses ist letztlich Ausdruck und logische Konsequenz des anhaltenden Niedrigzinsumfelds. Festverzinsliche Wertpapiere rentieren in Deutschland seit einigen Jahren mit Negativrenditen von – 0,1 bis – 0,3 Prozent.

Das Niedrigzinsumfeld stellt Versorgungsträger wie die Versicherungsbranche vor große Herausforderungen: einerseits befinden sich im Bestand Verträge aus der Historie mit hohen Garantiezinsen von bis zu vier Prozent sowie Verträge, die auf Basis alter Rechnungsgrundlagen (DAV Tafeln 1994 R), d. h. mit einer geringeren Lebenserwartung als in den aktuellen Tafeln DAV 2004 R zugrunde gelegt, kalkuliert wurden. Auf der anderen Seite wird es immer schwieriger, die nötigen Kapitalerträge auf der Anlageseite zu erzielen.

Anpassungen in den angebotenen Produkten sind die Folge: weg von sogenannten Klassiktarifen hin zu modernen Produkten mit modifizierten Garantien in verschiedenen Ausprägungen. Die hiermit verbundene große Vielfalt macht es für Unternehmen schwieriger, einzelne Tarife miteinander zu vergleichen und zu bewerten.

Die Absenkung des Höchstrechnungszinses bzw. Garantiezinses wirft bei Arbeitgebern mit versicherungsförmiger bAV die Frage auf, was das für sie konkret bedeutet und ob sie in irgendeiner Form aktiv werden müssen.

Die Rechnungszinssenkung betrifft zunächst sämtliche versicherungsförmigen Durchführungswege der bAV. D. h. im Rahmen der nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten bAV die Direktversicherung, die Pensionskasse und den Pensionsfonds, aber auch Rückdeckungsversicherungen zur Finanzierung von Direktzusagen oder (kongruent) versicherungsrückgedeckte Unterstützungskassen.

Die Rechnungszinssenkung hat keine Auswirkungen auf bestehende Versicherungsverträge. In diesen Verträgen werden die Sparbeiträge weiterhin mit dem Zins verzinst, der bei Abschluss garantiert war. Für ab dem 01.01.2022 neu abgeschlossene Verträge allerdings gilt der neue Zinssatz.

Wichtig: Der geringere Garantiezeins führt zu geringeren garantierten Leistungen als bei einem höheren Zins, allerdings nicht per se zu einer geringeren Gesamtleistung aus Garantieleistung plus Leistung aus Überschüssen.

Bei einer beitragsorientierten Leistungszusage ergibt sich die zugesagte Leistung aus der Leistung des Versicherungsvertrags. Liegt dem Vertrag also ein geringerer Garantiezins zugrunde mit entsprechender Auswirkung auf die Versicherungsleistungen, wirkt diese Änderung eins zu eins auf die Versorgungszusage.

Praxistipp: Wichtig ist, bei Entgeltumwandlung den Arbeitnehmer explizit über diesen Sachverhalt und die Möglichkeit aufzuklären, dass bei Ablauf des Vertrags die garantierte Kapitalleistung weniger als die Summe (z. B. 80 Prozent) der Beiträge für die Hauptversicherung beträgt. Der Arbeitnehmer muss in Kenntnis dieses Umstands den Abschluss des Versicherungsvertrags im Rahmen seiner Entgeltumwandlung wünschen.

Üblicherweise findet sich in der Entgeltumwandlungsvereinbarung oder in ergänzenden Unterlagen zur Entgeltumwandlung eine genaue Information zum Garantieniveau des Versicherungsvertrags sowie eine Erklärung, was ein Garantieniveau kleiner 100 Prozent konkret für die Höhe der garantierten Leistung bedeutet. Hierauf sollten Arbeitgeber explizit hinweisen.

Bei der Beitragszusage mit Mindestleistung ist arbeitsrechtlich bei Ablauf mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge abzüglich der Beiträge zur Absicherung vorzeitiger Risiken als planmäßiges Versorgungskapital zuzusagen. Im Allgemeinen wird bei dieser Zusageform eine Produktlösung (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds) gewählt, bei der der Versorgungsträger diese Garantie übernimmt; das sind dann das Lebensversicherungsunternehmen, die Pensionskasse bzw. der Pensionsfonds.

Praxistipp: Es gibt aber auch den Fall, dass der Arbeitgeber arbeitsrechtlich eine Beitragszusage mit Mindestleistung zugesagt und einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, von dem er bisher davon ausging, dass mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge (abzgl. der Beiträge für einen biometrischen Risikoausgleich) bei Ablauf zur Verfügung steht, ohne dass diese Mindestleistung vom Anbieter garantiert wird. In Anbetracht der anhaltenden Kapitalmarktsituation sollte er diese Lösung überdenken. Denn für etwaige Lücken zwischen arbeitsrechtlicher Zusage und Leistungen des Versicherungsvertrags steht der Arbeitgeber ein ‒ die sog. Subsidiärhaftung. In einem solchen Fall könnte der Arbeitgeber für neue Versorgungen einen anderen Tarif bzw. Versorgungsträger wählen bzw. ggf. auch bestehende Verträge beitragsfrei stellen und für die künftigen Beiträge einen anderen Tarif bzw. Versorgungsträger wählen. Hierbei sind die arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Abänderung von Versorgungszusagen zu beachten.

 

 

 

 

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