Zweitwohnung/doppelte Haushaltsführung

Notwendige Mehraufwendungen aus Anlass einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung können, soweit sie die als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen, nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuer- und sozialversicherungsfrei erstattet werden. Die Kriterien für eine doppelte Haushaltsführung wurden durch das BMF-Schreiben zum steuerlichen Reisekostenrecht vom 25.11.2020 angepasst und aktualisiert.

Doppelte Haushaltsführung

Eine doppelte Haushaltsführung kann nur vorliegen, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). Die Anzahl der Übernachtungen in den jeweiligen Wohnungen ist unerheblich. Eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus

1. einen eigenen Hausstand,

2. eine Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte,

3. zugleich eine Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte sowie

4. die berufliche Veranlassung.

Vorliegen eines eigenen Hausstands

 

Ein eigener Hausstand setzt zweierlei voraus; nämlich

  • das Innehaben einer Wohnung aus eigenem Recht als Eigentümer oder Mieter bzw. aus gemeinsamen oder abgeleitetem Recht als Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte sowie Mitbewohner und
  • eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG).

 

Hinreichende finanzielle Beteiligung ist erforderlich

Die Finanzverwaltung setzt hier die Beteiligung an den „laufenden Kosten der Lebensführung“ voraus. Dabei erachtet sie eine finanzielle Beteiligung mit Bagatellbeträgen für nicht ausreichend. Lt. Verwaltungsauffassung müssen die Barleistungen des Arbeitnehmers mehr als zehn Prozent der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Lebensführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) betragen, um von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze ausgehen zu können (BMF, Schreiben vom 25.11.2020). Liegen die Barleistungen darunter, kann der Arbeitnehmer eine hinreichende finanzielle Beteiligung auch auf andere Art und Weise darlegen.

PRAXISTIPPS:

  • Für den steuerfreien Arbeitgeberersatz kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern mit den Steuerklassen III, IV oder V ohne Weiteres unterstellen, dass sie einen eigenen Hausstand haben, an dem sie sich auch finanziell beteiligen (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 101).
  • Bei anderen Arbeitnehmern darf der Arbeitgeber einen eigenen Hausstand nur dann anerkennen, wenn sie schriftlich erklären, dass sie neben einer Zweitwohnung oder -unterkunft am Beschäftigungsort außerhalb des Beschäftigungsortes einen eigenen Hausstand unterhalten, an dem sie sich auch finanziell beteiligen (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 114). Die Kosten der Zweitwohnung oder -unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte im Inland kann der Arbeitgeber weiterhin pauschal steuerfrei erstatten (R 9.11 Abs. 10 S. 7 Nr. 3 LStR 2015). Bei Arbeitnehmern, die mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartner einen gemeinsamen Haushalt führen, kann eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung ohne entsprechenden Nachweis unterstellt werden (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 114).

Wichtig: Der BFH muss noch klären, wie die Tatbestandsmerkmale „finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“ der gesetzlichen Neuregelung in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG auszulegen sind (Az. beim BFH: VI R 39/19). Hier ist insbesondere unklar, in welcher Weise (Einmalzahlungen?) und in welcher Höhe (zehn Prozent-Grenze?) sich der Steuerpflichtige an den Kosten der Lebensführung am Hauptwohnsitz beteiligen muss.

Das FG Niedersachsen hat in der Vorinstanz die Meinung vertreten, dass auch rückwirkende Zahlungen sowie einmalige oder außergewöhnliche finanzielle Beiträge ausreichen, soweit sie insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze von zehn Prozent überschreiten (FG Niedersachsen, Urteil vom 18.09.2019, Az. 9 K 209/18, Abruf-Nr. 213702).

 

Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte

Die Hauptwohnung im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG muss außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte liegen. Sie ist am Ort der ersten Tätigkeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer von dieser Wohnung seine erste Tätigkeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann.

Als zumutbar angesehen werden kann in der Regel eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Wegstrecke unter Zugrundelegung individueller Verkehrsverbindungen und Wegezeiten (BFH, Urteil vom 16.11.2017, Az. VI R 31/16, Abruf-Nr. 199089). Damit die Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte liegt, muss diese außerhalb des genannten Umkreises liegen. Es reicht nicht, wenn sich die Hauptwohnung lediglich in einer nahegelegenen Nachbargemeinde befindet.

Um diese Prüfung anhand der individuellen Fahrzeiten zu vermeiden, kann aus Vereinfachungsgründen die kürzeste Straßenverbindung, die auch für die Entfernungspauschale (§ § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG) zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend ist, herangezogen werden. Beträgt die so ermittelte Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km, ist davon auszugehen, dass sich die Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte befindet (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 102).

 

Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte

Als weitere Voraussetzung der doppelten Haushaltsführung muss die Zweitwohnung am Ort oder in der Nähe des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte belegen sein. Das lässt sich in zwei Schritten ermitteln:

  • Erster Schritt Entfernung: Eine Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wird aus Vereinfachungsgründen immer dann angenommen, wenn die Entfernung der kürzesten Straßenverbindung im Sinne der Entfernungspauschale von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte nicht mehr als 50 km beträgt (hier ist die kürzeste Entfernung maßgebend ‒ BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 103).
  • Zweiter Schritt Fahrzeit: Liegt die Zweitwohnung mehr als 50 km vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte entfernt, ist zu prüfen, ob die erste Tätigkeitsstätte von der Zweitwohnung noch in zumutbarer Weise täglich erreicht werden kann. Eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Wegstrecke unter Zugrundelegung individueller Verkehrsverbindungen und Wegezeiten ist dabei als zumutbar anzusehen (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 103).

 

Berufliche Veranlassung

Die Zweitwohnung oder -unterkunft muss aus beruflichen Gründen bezogen worden sein. Das ist insbesondere der Fall, wenn dadurch die Fahrtstrecke oder Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte wesentlich verkürzt wird. Auch hier lässt die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen zwei alternative Prüfungen zu, in denen davon ausgegangen werden kann, dass die Zweitwohnung oder -unterkunft aus beruflichem Anlass bezogen wurde:

  • Die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung oder -unterkunft zur ersten Tätigkeitsstätte beträgt weniger als die Hälfte der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Hauptwohnung (Mittelpunkt der Lebensinteressen) und der ersten Tätigkeitsstätte.
  • Die Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte wird für eine Wegstrecke halbiert.

Wichtig: Sollten die Voraussetzungen dieser Vereinfachungsregelung bei einem Arbeitnehmer nicht erfüllt sein, lässt die Finanzverwaltung zu, das Vorliegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auch auf andere Weise anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls darzulegen (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 104).

 

Diese Aufwendungen können Arbeitgeber erstatten

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern folgende Aufwendungen wegen einer doppelten Haushaltsführung steuerfrei erstatten:

Verpflegungsmehraufwendungen

In den ersten drei Monaten der doppelten Haushaltsführung kann der Arbeitgeber die Pauschalen für den Verpflegungsmehraufwand für jeden Tag steuerfrei zahlen (für angefangene Tage am Ort des Zweithaushalts 14 Euro, für volle Tage am Ort des Zweithaushalts 28 Euro). Ab dem vierten Monat können keine steuerfreien Pauschalen mehr gezahlt werden. Bei einer Abwesenheit von mehr als vier Wochen von der Zweitwohnung (z. B. infolge von Urlaub, Krankheit) beginnt eine neue dreimonatige Frist.

 

Fahrtkosten

Der Arbeitgeber kann Fahrtkosten aus Anlass der Wohnungswechsel zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer steuerfrei zahlen.

Für wöchentliche Heimfahrten an den Ort des eigenen Hausstands oder für eine wöchentlich tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrt zum Familienwohnsitz kann der Arbeitgeber die Entfernungspauschale von 0,30 Euro je Entfernungskilometer steuerfrei zahlen.

Führt der Arbeitnehmer mehr als eine Heimfahrt wöchentlich durch, kann er wählen, ob er die in Betracht kommenden Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung oder die Fahrtkosten nach R 9.10 LStR für jede einzelne Fahrt geltend machen will. Der Arbeitnehmer kann das Wahlrecht bei derselben doppelten Haushaltsführung für jedes Kalenderjahr nur einmal ausüben. Hat der Arbeitgeber die Zweitwohnung unentgeltlich oder teilentgeltlich zur Verfügung gestellt, sind die abziehbaren Fahrtkosten zu kürzen. Maßgeblich ist für diesen Sachbezug der nach R 8.1 Abs. 5 und 6 LStR maßgebende Wert für Unterkunft oder Wohnung.

 

Unterkunftskosten

Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer die tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland für die Nutzung der (angemieteten) Wohnung oder Unterkunft bis zu einem nachgewiesenen Höchstbetrag von 1.000 Euro im Monat erstatten. Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit entfällt. Auch auf die Zahl der Wohnungsbenutzer (Angehörige) kommt es nicht an. Erstattungsfähig sind somit insbesondere folgende Kosten, die der Arbeitnehmer als Mieter oder Eigentümer trägt:

  • Gebäudekosten wie Abschreibungen, Schuldzinsen, Reparaturkosten oder Mietzahlungen an den Vermieter
  • Laufende Nebenkosten wie Strom, Wasser, Gas, Versicherungen und Betriebskosten
  • Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung
  • Zweitwohnungsteuer und Rundfunkbeiträge
  • Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die der Arbeitnehmer selbst trägt.

 

Stellplätze und Garagen

Aufwendungen für einen separat angemieteten Garagenstellplatz sind nach Auffassung der Finanzverwaltung in den Höchstbetrag von monatlich 1.000 Euro einzubeziehen. Das FG Saarland sieht das aber anders. Es hat die Kosten für einen angemieteten Kfz-Stellplatz den unbeschränkt abzugsfähigen Kosten zugeordnet (FG Saarland, Gerichtsbescheid vom 20.05.2020, Az. 2 K 1251/17, rechtskräftig). Insoweit besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit, da die Finanzrechtsprechung von der Verwaltungsauffassung abweicht.

 

Einrichtungsgegenstände und Arbeitsmittel

Der Höchstbetrag von 1.000 Euro pro Monat umfasst jedoch nicht Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Hier sollte unbedingt auf die Angemessenheit der Aufwendungen für die Einrichtung geachtet werden. Andernfalls werden die Kosten von der Finanzverwaltung nicht anerkannt.

Die Finanzverwaltung hält Kosten für Einrichtungsgegenstände (ohne Arbeitsmittel) bis zu insgesamt von 5.000 Euro (inkl. MwSt) für angemessen (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 108).

 

Besonderheit bei möblierten Wohnungen

Wird die Zweitwohnung oder -unterkunft möbliert angemietet, überschreitet die Miete den Höchstbetrag und enthält der Mietvertrag keine Aufteilung der Miete für die Überlassung der Wohnung und der Einrichtung und Ausstattung, ist die Miete im Schätzwege aufzuteilen (BFH, Urteil vom 04.04.2019, Az. VI R 18/17, Abruf-Nr. 209256).

 

Umzugskosten

Der Arbeitgeber kann die Kosten für den Umzug von Einrichtungsgegenständen aus der Familienwohnung in die Zweitwohnung steuerfrei erstatten. Entsprechendes gilt beim Wechsel einer doppelten Haushaltsführung. Der Arbeitnehmer muss die Aufwendungen aber im Einzelnen nachweisen.

Maklerkosten, die für die Anmietung einer Zweitwohnung oder -unterkunft entstehen, sind als Umzugskosten zusätzlich vom Arbeitgeber steuerfrei erstattungsfähig. Sie sind nicht in die Höchstbetragsberechnung einzubeziehen (BMF, Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 108).

Nachfolgend eine kurze Checkliste mit den erstattungsfähigen Kosten bei einer doppelten Haushaltsführung.

 

Dienstwagen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung

Hat der Arbeitnehmer einen Dienstwagen, den er auch privat nutzen darf, gilt für die Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung folgender Grundsatz: Kann der Arbeitnehmer für die Heimfahrt einen Werbungskostenabzug geltend machen, wenn er mit dem eigenen Pkw gefahren wäre, muss er keinen zusätzlichen geldwerten Vorteil versteuern. Im Einzelnen heißt das: Nutzt der Arbeitnehmer den Dienstwagen für maximal eine Familienheimfahrt pro Woche, muss er für diese Privatnutzung keinen geldwerten Vorteil versteuern (§ 8 Abs. 2 S. 5 EStG). Im Gegenzug darf der Arbeitnehmer jedoch auch keine Werbungskosten für die Fahrt geltend machen. Jede zusätzliche Heimfahrt muss der Arbeitnehmer mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer versteuern. Ermittelt er den geldwerten Vorteil mittels Fahrtenbuch, sind die zusätzlichen Heimfahrten mit dem individuellen Kilometersatz zu versteuern.

 

Eintragung auf der Lohnsteuerbescheinigung

Um zu verhindern, dass der Arbeitnehmer Aufwendungen für den doppelten Haushalt in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten zusätzlich zur Arbeitgebererstattung geltend macht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, sämtliche steuerfreie Leistungen in Zeile 21 der Lohnsteuerbescheinigung gesondert einzutragen (§ 41b Abs. 1 Nr. 10 EStG).

 

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