Arbeitgeber zahlen gerade leitenden Angestellten und Gesellschafter-Geschäftsführern häufig Tantiemen. Der BFH beschäftigt sich regelmäßig mit dem Zuflusszeitpunkt, der besondere Einflüsse auf die Zahlung nimmt.
Erhält ein Arbeitnehmer eine Tantieme, handelt es sich um Arbeitslohn in Form eines sonstigen Bezugs. Das gilt grundsätzlich auch für Tantiemen an (Gesellschafter)-Geschäftsführer (GGf). Eine Ausnahme besteht lediglich beim GGf einer Personengesellschaft; in dem Fall werden die nichtselbstständigen Einkünfte in Sonderbetriebseinnahmen umqualifiziert.
Besteuerung erfolgt im Zeitpunkt des Zuflusses
Da eine Tantieme steuerlich ein sonstiger Bezug ist, kommt es erst im Zeitpunkt des Zuflusses zur Besteuerung, unabhängig davon, für welchen Zeitraum der Arbeitgeber die Tantieme zahlt. Geldbeträge fließen dadurch zu, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder auf dem Konto des Empfängers bei seiner Bank gutgeschrieben werden.
Abweichend von dem die Besteuerung auslösenden tatsächlichen Zufluss kann die Besteuerung bei beherrschenden GGf auch ohne jeglichen Zufluss erfolgen: Hintergrund dafür ist eine von der Rechtsprechung entwickelte Zuflussfiktion, die gesetzlich nicht vorgesehene Steuervorteile verhindern soll.
Nach dieser Zuflussfiktion fließt dem beherrschenden GGf einer Kapitalgesellschaft eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu ‒ unabhängig von der tatsächlichen Auszahlung. Der Gedanke dahinter: Ein beherrschender GGf hat es kraft seiner Stellung selbst in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist.
Praxistipp: Fällig ist die Tantieme mit Feststellung des Jahresergebnisses. Etwas anderes gilt nur, wenn im Anstellungsvertrag eine zivilrechtlich wirksame und fremdübliche abweichende Fälligkeit vereinbart wurde wie z. B. drei Monate nach Feststellung des Jahresergebnisses. Ohne die Zuflussfiktion könnte der GGf die Tantieme auf Ebene der Gesellschaft gewinnmindernd berücksichtigen (z. B. durch Ausweis einer Verbindlichkeit), müsste sie aber selbst ‒ mangels Zufluss nicht versteuern. Genau das will der Gesetzgeber verhindern.
Praxistipp: Die Zuflussfiktion gilt nicht, wenn die Gesellschaft selbst nicht über die erforderlichen Mittel dafür verfügen sollte. Zudem sind von der Zuflussfiktion nur die Gehaltsbestandteile betroffen, die die Kapitalgesellschaft dem sie beherrschenden GGf schuldet, und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft ausgewirkt haben.
Praxistipp: Bei Verzicht auf die Tantieme kann der Zufluss durch das Konstrukt der verdeckten Einlage fingiert werden.Ob eine verdeckte Einlage vorliegt und sich beim GGf deshalb Arbeitslohn in Höhe der verzichteten Tantieme ergibt, richtet sich nach dem Zeitpunkt des Verzichts:
Verzichtet der GGf auf eine rechtlich bereits entstandene Tantieme ‒ das ist in der Regel der Fall, wenn der Verzicht erst NACH Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahrs erklärt wird ‒, dann ist ein Gehaltszufluss in Höhe des werthaltigen Teils der Tantieme als Arbeitslohn zu versteuern.
Erklärt der GGf den Verzicht VOR dem Entstehen des Anspruchs auf die Tantieme, wird weder ein Gehaltszufluss auf Ebene des Gesellschafters fingiert noch ergibt sich ‒ mangels eines einlagefähigen Vermögensvorteils ‒ eine verdeckte Einlage. Eine Frage ist jetzt noch offen: Wird auch dann ein Zufluss angenommen, wenn einem beherrschenden GGf eine Tantieme zusteht, die jedoch nicht ausgezahlt und auf Ebene der Gesellschaft auch nicht als Verbindlichkeit oder Rückstellung passiviert wurde? Darüber hatte der BFH aktuell geurteilt und verneinte die Anwendbarkeit der Zuflussfiktion, wies das Verfahren aber zur weiteren Überprüfung an das FG zurück, da nicht erkennbar war, warum die Gesellschaft die dem GGf vertraglich zustehende Tantieme nicht ausgezahlt hatte.