Arbeitgeber stehen häufig vor dem Problem, dass sie nicht wissen, wie sie den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers berechnen sollen, wenn dieser aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Einige Beispiele sollen hier Abhilfe schaffen:
Der gesetzliche Mindesturlaub und die Wartezeit
Die gesetzlichen Regelungen besagen: Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlen Erholungsurlaub. Die Mindesthöhe des Urlaubsanspruchs beträgt für Arbeitnehmer
- die in einer Fünf-Tage-Woche beschäftigt werden, mindestens 20 Urlaubstage pro Kalenderjahr, bzw.
- die in einer Vier-Tage-Woche beschäftigt werden, mindestens 16 Urlaubstage pro Kalenderjahr.
Der gesetzliche Mindesturlaub darf nicht unterschritten werden.
Einen Urlaubsanspruch erwerben Arbeitnehmer erst, wenn das Arbeitsverhältnis sechs Monate bestanden hat (Wartezeit).
So wird der Urlaubsanspruch bei Ausscheiden berechnet
Die Berechnung des Urlaubsanspruchs bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hängt vom konkreten Fall ab. Nachfolgend stellen wir Ihnen drei klassische Konstellationen und deren Berechnung vor. Sie beziehen sich jeweils auf Arbeitsverhältnisse, in denen den Arbeitnehmern 20 Tage Jahresurlaub in einer Fünf-Tage-Woche zustehen.
1. Ausscheiden des Arbeitnehmers vor Erfüllung der Wartezeit
Scheidet der Arbeitnehmer aus, bevor er die sechsmonatige Wartezeig erfüllt hat, erwirbt der Arbeitnehmer für jeden vollen Beschäftigungsmonat (nicht Kalendermonat!) einen Teilurlaubsanspruch in Höhe von 1/12 des. Maßgeblich sind nur VOLLE Beschäftigungsmonate. Die Beschäftigungsmonate werden nicht aufgerundet.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer ist vom 1. Februar 2013 bis zum 30. Juni 2013 in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Er ist also nach fünf Monaten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und hat die sechsmonatige Wartezeit nicht erfüllt.
Ergebnis:
Bei einer Beschäftigungsdauer von insgesamt fünf Monaten ergibt sich ein Teilurlaubsanspruch von zehn Tagen. Der Arbeitgeber rechnet wie folgt:
- Der volle Jahresurlaubsanspruch beträgt in einer Fünf-Tage-Woche 20 Tage pro Kalenderjahr.
- Für jeden Monat ergibt sich ein Urlaubsanspruch in Höhe von 1,67 Tagen (20 Tage: 12).
- Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden (§ 5 Abs. 2 BUrlG). Dies bedeutet, dass dem Arbeitnehmer monatlich 2 Tage Urlaub zustehen. Bei 5 Monaten sind es 10 Tage Urlaub.
2. Scheidet ein Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit in der ersten Jahreshälfte aus
wird der Urlaubsanspruch auf einen Teilanspruch gekürzt. Wichtig ist die Beendigung des Arbeitsverhältnis spätestens zum Stichtag 30. Juni. Für jeden vollen Beschäftigungsmonat erhält der Arbeitnehmer einen Teilurlaubsanspruch in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubsanspruchs.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer war vom 1. Oktober 2012 bis 30. April 2013 in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Er ist damit nach sieben Monaten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Sein Ausscheiden lag in der ersten Jahreshälfte eines Kalenderjahrs.
Ergebnis:
Der Arbeitnehmer hat insgesamt einen Teilurlaubsanspruch in Höhe von 14 Tagen. Der Arbeitgeber rechnet wie folgt:
- Der Urlaubsanspruch für 2012 ergibt sich als Teilurlaubsanspruch von 3/12 des Jahresurlaubsanspruchs, dreimal 2 Tage, sprich 6 Tage.
- Der Urlaubsanspruch für 2013 ergibt sich als Teilurlaubsanspruch von 4/12 des Jahresurlaubsanspruchs, also viermal 2 Tage, sprich 8 Tage.
Ein Sonderproblem ergibt sich, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu Beginn des Jahres bereits mehr Urlaub gewährt hat, als diesem aufgrund seines Ausscheidens zusteht.
3. Ausscheiden nach Erfüllung der Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte
Wenn Arbeitnehmer die sechsmonatige Wartezeit erfüllt haben, haben sie grundsätzlich Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Weil das BUrlG keine Kürzung des Urlaubsanspruchs vorsieht, bleibt der volle Urlaubsanspruch ungekürzt bestehen.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer ist vom 1. Februar 2013 bis 30. September 2013 beschäftigt. Er scheidet folglich nach acht Monaten aus dem Arbeitsverhältnis aus und sein Ausscheiden liegt in der zweiten Jahreshälfte 2013.
Ergebnis: Dem Arbeitnehmer steht sein voller gesetzlicher Jahresurlaub in Höhe von 20 Tagen zu. Bei kluger vertraglicher Gestaltung können darüber hinaus gewährte Mehrurlaube (z.B. vertraglicher Urlaubsanspruch auf 30 Tage) gekürzt werden.
Nachfolgend ein Beispiel für eine wirksame und eine unwirksame Kürzungsregelung.
Beispiel einer wirksamen Regelung:
„Scheidet der Arbeitnehmer in der zweiten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis aus, hat er Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Die Kürzung erfolgt allerdings nur, soweit der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten wird.“
Beispiel einer unwirksamen Regelung:
„Bei Ein- oder Austritt im laufenden Kalenderjahr wird der Urlaub anteilig gewährt.“
Der Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber
Arbeitnehmer erwerben ihren Urlaubsanspruch grundsätzlich nur einmal in jedem Kalenderjahr. Wechselt ein Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr den Arbeitgeber, kann er den Urlaubsanspruch nicht doppelt geltend machen. Der neue Arbeitgeber muss in dem Umfang keinen Urlaub mehr gewähren, wie der vorherige Arbeitgeber den gesetzlichen Urlaubsanspruch im
laufenden Kalenderjahr bereits erfüllt hat. Dabei ist es unerheblich ob der Urlaubsanspruch als Freistellung gewährt oder finanziell abgegolten wurde.
Urlaubsbescheinigung
Der Arbeitgeber, aus dessen Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer ausscheidet, ist verpflichtet, eine Urlaubsbescheinigung auszustellen. Die Urlaubsbescheinigung sollte folgende Punkte enthalten:
- Persönliche Daten des Arbeitnehmers
- Kalenderjahr, für das die Urlaubsbescheinigung gilt
- Dauer des Arbeitsverhältnisses
- Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr (Vertraglich/tarifvertraglich)
- Anzahl der im Kalenderjahr gewährten Urlaubstage
- Anzahl der abgegoltenen Urlaubstage
- Anzahl der Resturlaubstage