Die Diskussion begleitet uns seit Neuregelung der Betrachtung von Weiterbildungskosten verschärft: ist eine gewährte Weiterbildungsmaßnahme nicht im ganz überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers, bleibt diese evtl. trotzdem steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn § 3 Nr. 19 EStG genutzt werden kann. Steuerfrei sind danach alle Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers für Maßnahmen nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB III und Weiterbildungsleistungen, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen (jeweils § 3 Nr. 19 S. 1 EStG) sowie
Beratungsleistungen (Outplacement-Beratung), die der Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung ein Dritter zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses erbringt (§ 3 Nr. 19 S. 2 EStG).
Weiterhin steuerpflichtig verbleiben nach wie vor nur die Weiterbildungsleistungen, die überwiegenden Belohnungscharakter haben.
Für die Steuerbefreiung ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber selbst die Weiterbildungsleistung erbringt. Er wird meist ein Fortbildungsunternehmen mit den zu erbringenden Leistungen beauftragen. Ist das der Fall, muss die Weiterbildung nach dem Wortlaut der Vorschrift vom Arbeitgeber veranlasst sein, also dieser die Maßnahme buchen und bezahlen: Weitere Voraussetzungen enthält die Vorschrift nicht. Insbesondere ist es nicht mehr erforderlich, dass dem Arbeitnehmer die Kostenübernahme vor Beginn der Maßnahme zugesagt wurde.
Weiterbildungsleistungen im Sinne des § 82 SGB III
Unter die Weiterbildungsleistungen nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB III fallen Maßnahmen, die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über eine arbeitsplatzbezogene kurzfristige Fortbildung hinausgehen. Der Berufsabschluss muss bei einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren in der Regel mindestens vier Jahre zurückliegen. Der Arbeitnehmer darf in den letzten vier Jahren vor Antragsstellung nicht an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben, die nach dieser Vorschrift gefördert wird. Und die Maßnahme muss von einem zugelassenen Träger durchgeführt werden und darf nicht mehr als 120 Stunden dauern.
Ziel der Förderung muss die Weiterbildung von Arbeitnehmern sein, deren Arbeitsplatz durch Technologie ersetzt wird oder die in anderer Weise von einem Strukturwandel betroffen sind, oder die Weiterbildung in einem Engpassberuf. Weiterbildungsmaßnahmen von Arbeitnehmern in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten werden gefördert, wenn der Arbeitnehmer mindestens 45 Jahre alt oder schwerbehindert ist. Ausgeschlossen von der Förderung ist die Teilnahme an Maßnahmen, zu deren Durchführung der Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen verpflichtet ist.
Der Arbeitgeberbeitrag zu den Weiterbildungskosten verbleibt damit also steuerfrei: Zu den Weiterbildungskosten gehören die Lehrgangskosten, Fahrtkosten, Kosten der auswärtigen Unterbringung und Verpflegung sowie die Kosten für die Betreuung von Kindern.
Nach der Gesetzesbegründung sind unter § 3 Nr. 19 Buchst. b) EStG solche Weiterbildungen zu verstehen, die eine Anpassung und Fortentwicklung der beruflichen Kompetenzen des Arbeitnehmers ermöglichen und dazu beitragen, dass er der beruflichen Herausforderung besser gerecht wird. Ein Bezug zum SGB III ist nicht erforderlich.
Eine Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit ist gegeben, wenn durch die Bildungsmaßnahme Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die ganz allgemein der Berufstätigkeit förderlich sein können. Ein Abschluss der Fortbildung ist keine Voraussetzung. Ein direkter Bezug zur aktuellen beruflichen Tätigkeit ist seit dem 01.01.2019 nicht mehr erforderlich. Begünstigt sind damit z. B. nicht arbeitsplatzbezogene Sprach- oder Computerkurse sowie Veranstaltungen zur Förderung von Soft Skills.
Eine besondere Form der Weiterbildungsmaßnahme ist nicht erforderlich. Begünstigt sind damit typische Präsenzveranstaltungen, aber auch Online-Kurse oder eLearning-Angebote.
Mit dem „Jahressteuergesetz 2020“ wurde § 3 Nr. 19 S. 2 EStG eingefügt, wonach auch Beratungsleistungen zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses steuerfrei sind. Damit sind auch die Outplacement- oder Newplacement-Beratungen für den ausscheidenden Arbeitnehmer steuer- und beitragsfrei. Begünstigt sind also vom Arbeitgeber übernommene Kosten für Dienstleistungen von Unternehmen, die darauf abzielen, aus dem Betrieb ausscheidende Arbeitnehmer in deren weiterem beruflichen Werdegang zu begleiten und insbesondere bei der künftigen Jobfindung bzw. einem Start in die Selbstständigkeit zu unterstützen.
Privat motivierte Fortbildungen des Arbeitnehmers (z. B. Angelschein, Sportflugzeugführerschein) sind nicht begünstigt. Gleiches gilt für nicht berufsbezogene, sondern gesellschaftsbezogene Weiterbildungen wie z. B. eine Bildungsreise ins Ausland zu einem allgemein gesellschaftspolitischen Thema.
Übernahme der Rückzahlungspflicht bei Arbeitgeberwechsel
In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer zunächst die Kosten eines berufsbegleitenden Studiums erstattet und sich der Arbeitnehmer im Gegenzug verpflichtet, eine gewisse Zeit im Anschluss an das Studium für den bisherigen Arbeitgeber zu arbeiten. Im Falle eines vorzeitigen Arbeitgeberwechsels verpflichtet sich der Arbeitnehmer, die Studienkosten ganz oder teilweise (zeitanteilig) an den bisherigen Arbeitgeber zurückzuzahlen.
Übernimmt der neue Arbeitgeber diese Zahlung bei einem vorzeitigen Arbeitgeberwechsel, handelt es sich für den Arbeitnehmer um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Es liegt kein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des neuen Arbeitgebers vor. Auch ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 19 EStG nicht anwendbar, weil es sich nicht um eine Bildungsmaßnahme handelt, die der neue Arbeitgeber veranlasst hat. Der Arbeitnehmer kann allerdings den übernommenen Betrag als Werbungskosten geltend machen, sodass insoweit im Ergebnis doch keine Steuerbelastung eintritt.