Nachfragen im Lohnsteuerrecht spart Ärger

Auf Grund der Komplexität des Steuerrechts kommt es im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung immer häufiger zu nicht zutreffenden rechtlichen Würdigungen von lohnsteuerlichen Sachverhalten. Die Finanzverwaltung versucht dieser Entwicklung durch Lohnsteueraußenprüfungen entgegenzuwirken. Dies führt regelmäßig zu nicht unerheblichen Steuernachforderungen. Weil Sie als Arbeitgeber diese Steuernachzahlungen und die damit verbundenen Beitragsnachzahlungen häufig nicht auf Ihre Arbeitnehmer abwälzen können, verbleibt ein teils erhebliches Haftungsrisiko bei Ihnen.

Anrufungsauskunft
Um sich vor gefährlichen Haftungsrisiken abzusichern, haben Sie als Arbeitgeber die Möglichkeit, bei dem für Sie zuständigen Betriebsstättenfinanzamt eine so genannte Anrufungsauskunft einzuholen. Nach Maßgabe von § 42e EStG ist das Betriebsstättenfinanzamt dazu verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen, ob und in welchem Umfang bei bestimmten Sachverhalten eine Lohnversteuerung durchzuführen ist. Soweit für einen Arbeitgeber mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig sind, ist das jeweilige Finanzamt verantwortlich, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Arbeitgebers befindet, ersatzweise das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte mit den meisten Arbeitnehmern befindet. Bei Unternehmen mit Betriebsstätten im Zuständigkeitsbereich mehrerer Betriebsstättenfinanzämter sind die Finanzämter gehalten, sich untereinander abzustimmen, um eine Einheitlichkeit der Rechtsanwendung zu gewährleisten.

Im Gegensatz zu einer Auskunft gemäß § 89 Abgabenordnung ist die Einholung einer Anrufungsauskunft für Sie nicht mit Kosten verbunden.

Darüber hinaus kennt das Steuerrecht die verbindliche Zusage nach Maßgabe von § 204 Abgabenordnung. Hier soll das Finanzamt im Anschluss einer Prüfung verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Prüfungsbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerlich zu behandeln ist, wenn die Kenntnis der künftigen steuerrechtlichen Behandlung von Bedeutung ist.

Die nötige Form
Bei einer Anrufungsauskunft ist es erforderlich, dass Sie den jeweiligen Sachverhalt umfassend schriftlich darlegen. Nach eingehender Prüfung der Rechtslage erhalten Sie eine schriftliche Stellungnahme des Finanzamts. Diese Stellungnahme entfaltet Bindungswirkung.

Die rechtliche Einordnung ist auch dann bindend, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen sollte, dass die Auffassung des Finanzamts unzutreffend ist. Die Bindungswirkung der erteilten Auskunft bleibt so lange erhalten, bis sich die Gesetzeslage ändert bzw. bis das Finanzamt die Anrufungsauskunft widerruft. Der Widerruf einer Anrufungsauskunft entfaltet nur für die Zukunft Bindungswirkung. In Zweifelsfällen muss Ihnen das Finanzamt eine gewisse Übergangsfrist einräumen.

Bitte beachten Sie, dass sie Rechtsfolgen einer Anrufungsauskunft für Sie nur dann eintreten, wenn der geschilderte Sachverhalt erschöpfend und zutreffend dargestellt wurde. Wenn der geschilderte Sachverhalt nicht dem tatsächlichen entspricht, geht die Anrufungsauskunft ins Leere und ist damit gegenstandslos.

Die erteilte Anrufungsauskunft gilt immer nur für den jeweiligen Einzelfall und nur für das jeweilige Unternehmen. Daher können Sie sich nicht auf eine Anrufungsauskunft berufen, die einem anderen Arbeitgeber für einen vergleichbaren Sachverhalt erteilt worden ist. Nach aktueller Rechtsprechung handelt es sich bei einer Anrufungsauskunft um einen Verwaltungsakt, gegen den Sie einen Rechtsbehelf (Einspruch) einlegen können. Das Finanzamt kann die Gültigkeit einer Anrufungsauskunft auch zeitlich befristet. Das bedeutet, dass die Gültigkeit einer befristeten Anrufungsauskunft automatisch durch Zeitablauf entfällt. Die Gültigkeit einer befristeten Anrufungsauskunft kann sofort verlängert werden, wenn Sie einen neuen Antrag stellen.

Aktuelles BFH-Urteil
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich jüngst mit der Streitfrage auseinandersetzen müssen, ob eine Anrufungsauskunft Bindungswirkung nur gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens entfaltet oder auch gegenüber dem Wohnsitzfinanzamt des Arbeitnehmers bei dessen Veranlagung zur Einkommensteuer. Der Bundesfinanzhof stellte nun klar, dass die Finanzverwaltung im Falle einer Anrufungsauskunft im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens an diese auch gegenüber dem Arbeitnehmer gebunden ist. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass das Finanzamt die auf Grund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft vom Arbeitgeber nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer vom Arbeitnehmer zurückfordern kann.

Daher können Sie sich nach neuer höchstrichterlicher Rechtsprechung auf eine dem Arbeitnehmer erteilten Auskunft berufen und Ihr Arbeitnehmer sich entsprechend auf eine von Ihnen erteilte Auskunft.

Der BFH hält somit nicht mehr an seiner alten Rechtsauffassung fest, wonach das Finanzamt nicht daran gehindert ist, im Lohnsteuerverfahren gegenüber dem Arbeitnehmer einen anderen, ungünstigeren Rechtsstandpunkt zu vertreten als im Auskunftsverfahren gegenüber dem Arbeitgeber. Die Finanzhofrichter vertraten die Auffassung, dass das dem Arbeitgeber eingeräumte Antragsrecht ansonsten praktisch wertlos wäre. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wären dann gezwungen, jeweils einen gemeinsamen Antrag nach § 42e EStG zu stellen, was nicht nötig ist.

 

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