Seit Juli 2013 bekommen auch Gerüstbauer einen Mindestbruttostundenlohn von EUR 10. Das Thema hat ja auch den zurückliegenden Bundestagswahlkampf stark begleitet und soll dazu beitragen, Dumpinglöhne zu vermeiden.
Die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sind angehalten, die Vorgabe zu überwachen. Kommt es zu Verstößen, fordern die Sozialversicherungsträger Beiträge nach.
Grundsätzlich gilt, dass Arbeitgeber und –nehmer den zu gewährenden Lohn frei aushandeln. Allerdings kann der Gesetzgeber zum Schutz der Beschäftigten durch Vorschriften und Tarifverträge Lohnuntergrenzen bestimmen. Dabei gelten Bestimmungen des Tarifvertragsgesetzes nur für die Arbeitgeber, die Mitglied eines Arbeitgeberverbandes sind, der einen solchen Tarifvertrag abgeschlossen hat.
Allgemeinverbindlichkeit
Allerdings können – unabhängig von der Mitgliedschaft eines Verbandes – Vereinbarungen beispielsweise über die Höhe des Lohnes, für alle auch dann gelten, wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.
Seit 2009 lässt es der Gesetzgeber zu, branchenabhängige Mindestlöhne festzulegen. So können in Branchen mit einer Tarifbindung von mindestens 50% tarifliche Mindestlöhne durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung auf alle Beschäftigten ausgedehnt werden. Liegt die Tarifbindung in einer Branche unter 50%, kann der Gesetzgeber durch Rechtsverordnung Mindestlöhne bestimmen. Für die rund 20.000 Gerüstbauer in Deutschland gilt z.B. seit 1.8.2013 bundesweit ein einheitlicher Mindestlohn von EUR 10 pro Stunde. Auf diese Entgeltgrenze hatten sich die Tarifpartner bereits im Februar 2013 verständigt. Auf ihren Antrag hat das Bundesarbeitsministerium diesen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt.
In der Praxis ist es oft recht schwer feststellbar, ob ein Tarifvertrag oder nur Teile des Vertrages vom Bundesministerium für allgemeinverbindlich erklärt wurden oder nicht. Grundsätzlich zwingt das Gesetz das Ministerium, im Bundesanzeiger bekannt zu geben, für welche Tarifverträge sich die Parteien auf eine Allgemeinverbindlichkeit geeinigt haben.
Ausnahmen
Erfasst vom Mindestlohn werden alle gewerblichen Arbeitnehmer. Ausgenommen sind Personen, die nachweislich aufgrund einer Schul-. Ausbildungs- oder Studienverordnung ein Praktikum absolvieren, Arbeitnehmer, die ausschließlich auf dem Lagerplatz im Betrieb oder stationär im Betrieb tätig sind, wie auch das Reinigungspersonal, das für Reinigungsarbeiten in Verwaltungs- und Sozialräumen des Betriebes beschäftigt wird. Bei Mischbetrieben, etwa kombinierten Dachdecker und Gerüstbauunternehmen, gilt das so genannte „Überwiegensprinzip“; es ist der Mindestlohntarifvertrag für die Tätigkeit maßgeblich, die der überwiegenden Arbeitszeit des Beschäftigten entspricht.
Aufzeichnungspflichten
Nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit seiner Mitarbeiter zu dokumentieren und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Die Aufzeichnungspflicht dient der Kontrolle des Mindestlohns. Anhand der gearbeiteten Stundenzahl wird der tatsächlich gezahlte Stundenlohn ermittelt und kontrolliert. Die Art und Weise der Aufzeichnung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Das bedeutet, dass Sie die erforderlichen Informationen auf Papier aufzeichnen oder in einem Computer speichern können. Führen die Mitarbeiter sowieso Stundenzettel, bleibt der Mehraufwand überschaubar, da Sie diese einfach um die erforderlichen Angaben ergänzen können. Wichtig ist, dass Sie die Dokumentationspflicht ernst nehmen sollten. Unterweisen Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend!
Nichteinhaltung der Tarifverträge
Mit Hilfe eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages werden die Arbeitgeber gezwungen, allen Beschäftigten einer bestimmten Branche den gleichen Einstiegslohn zu gewähren. Bei Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherungen gibt es wegen dieses Mindestlohnes immer wieder kräftig Zoff.
Anders als im Lohnsteuerrecht, in dem nur Abgaben entrichtet werden müssen, wenn auch tatsächlich Geld geflossen ist, muss in der Sozialversicherung bei laufenden Zahlungen immer der Betrag verbeitragt werden, auf den der Mitarbeiter einen Rechtsanspruch hat. Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einem laufenden Lohn können also auch dann nachberechnet werden, wenn Sie als Arbeitgeber Ihrem Mitarbeiter die höhere Vergütung gar nicht gewährt haben. Die Krankenkassen oder Rentenversicherungsträger fordern selbst dann Sozialversicherungsbeiträge nach, wenn Ihr Mitarbeiter auf einen Teil seines laufenden Lohnes verzichtet.
Bei einmaligen Zuwendungen besteht in der Sozialversicherung nur dann Beitragspflicht, wenn diese von Ihnen tatsächlich an den Mitarbeiter ausgezahlt wurden.
Kein Schutz durch Fristablauf
Selbst wenn Ihr Mitarbeiter nach dem Verstreichen einer tariflichen oder vertraglichen Ausschlussfrist keine Möglichkeit mehr hat, eine noch nicht gewährte Vergütung von Ihnen einzufordern, zeigen die Betriebsprüfer keine Gnade. Auch hier werden selbstverständlich Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nachberechnet.