Kein Verdienstausfall ‒ keine Entschädigung nach § 56 IfSG

Aufgrund der Einschränkungen der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungen und durch weitere Quarantänevorschriften kommen nach wie vor viele Fragen zu Erstattungen während Verdienstausfällen. Dabei muss immer wieder klar gestellt werden: § 56 IfSG ist subsidiär. Das hat zur Folge, dass weder ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG noch ein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers besteht, wenn der Arbeitnehmer einen Vergütungsfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB gegen den Arbeitgeber hat. Dies wurde nun auch gerichtlich bestätigt:

Nach § 616 BGB verliert ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf die Vergütung nicht dadurch, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Im Urteilsfall hat das Gericht bestätigt, dass die Voraussetzungen des § 616 BGB erfüllt sind:

  • Bei einer Absonderung wegen des Verdachts einer Infektion handle es sich um einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund.
  • Eine Absonderung für einen Zeitraum von vier Tagen sei eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne des § 616 BGB. Bis zu fünf Tage wurden bis dato hier in der Praxis als „kürzbar“ angesehen.

Die Folge ist, dass der Arbeitnehmer in einem solchen Fall keinen Verdienstausfall erleidet, der Arbeitgeber also Lohnfortzahlung leisten muss und der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Erstattung nach § 56 IfSG hat.

Das Zusammentreffen von Arbeitsunfähigkeit und Quarantäne wirft immer wieder Fragen auf, wenn es um die Lohnfortzahlung geht.

Noch einmal zur Klarstellung: Für die Zeit bescheinigter Arbeitsunfähigkeit besteht eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung. Die Behörden unterstellen diese auch bei Quarantäne während der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit.  Dieser folgt aus § 3 EFZG. Fraglich ist, ob der Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann fortbesteht, wenn es innerhalb dieses Zeitraums zu einer Corona-Erkrankung und einer Quarantäneanordnung durch die Behörde kommt.

  • Die Behörden gehen davon aus, dass der Arbeitgeber auch in dem Fall verpflichtet ist, Entgeltfortzahlung wegen Krankheit zu leisten.
  • Gegen diese Auffassung lassen sich allerdings gute Argumente anführen: Die Quarantäne eines an Covid-19 erkrankten Arbeitnehmers liegt im Allgemeininteresse, sodass es interessengerecht ist, auch das Kostenrisiko auf die Allgemeinheit zu verlagern. Zudem gilt im EFZG der Grundsatz der Monokausalität. Die Erkrankung muss die alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit sein. Befindet sich der Arbeitnehmer hingegen in Quarantäne, ist die behördliche Anordnung der vorrangige Grund.

Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG bei Quarantäneanordnung: Wie verhält es sich für den Zeitraum, in dem die Quarantäneanordnung noch besteht, jedoch keine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr vorliegt und der Arbeitnehmer nicht mehr krank ist?

Fall 1: Arbeit trotz Quarantäne möglich

Hier ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer trotz Quarantäne seine Arbeitsleistung erbringen kann. Ist dies der Fall (z. B. Arbeit im Home-Office möglich), hat er Arbeitnehmer die Pflicht zu arbeiten und enthält den vertraglich vereinbarten Lohn vom Arbeitgeber.

Fall 2: Arbeit während der Quarantäne nicht möglich

Ist eine Arbeit (von zu Hause aus) nicht möglich, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch über § 616 BGB behält oder ob der gesetzliche Entschädigungsanspruch des §56 Abs. 1 IfSG greift.

Die Regelung in § 56 Abs. 1 IfSG sieht vor, dass ein Entschädigungsanspruch nur für Personen besteht, die „einen Verdienstausfall erleiden“. Keinen Verdienstausfall erleidet der Arbeitnehmer, wenn er den Lohnanspruch nach § 616 BGB wie oben beschrieben behält.

Wichtig | Ist§ 616 BGB arbeitsvertraglich ausgeschlossen, müssen die Behörden nach §56 Abs. 1 IfSG erstatten. Hier haben Behörden also keine andere Handhabe.

Fall 3: Covid-19-Erkrankung während Quarantäne

Sollte der Arbeitnehmer während des Quarantänezeitraums an Covid-19 erkranken und nicht mehr arbeitsfähig sein, dann gelten die vorstehenden Grundsätze für Fall eins und Fall zwei entsprechend.

Erneute Erkrankung und Ausschluss der Lohnfortzahlung

Für den Fall, dass der Mitarbeiter nach Ende der Quarantänezeit erneut erkrankt, richtet sich die Lohnfortzahlung nach den allgemeinen Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ist der Entgeltfortzahlungszeitraum von sechs Wochen bereits abgelaufen und wird der Mitarbeiter wegen derselben Erkrankung krankgeschrieben, käme nur ein Anspruch auf Krankengeld in Betracht.

 

 

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