Im Ausland tätige Arbeitnehmer: Neue Regelungen zum Sonderausgabenabzug für SV-Beiträge

Neue Regelungen gelten für den Sonderausgabenabzug hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge im Ausland tätiger und in Deutschland wohnender Arbeitnehmer. Arbeitgeber sollten darauf bei der Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung 2017 reagieren und betroffenen Arbeitnehmern ein Hinweisschreiben zur Verfügung stellen.

Vorsorgeaufwendungen (z.B. Beiträge zur gesetzlichen oder berufsständischen Rentenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) sind nur als Sonderausgaben abziehbar, wenn diese Aufwendungen nicht im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, so heißt es im EStG. Die meisten Lohnabrechnungsprogramme nehmen hier eine entsprechende Aufteilung vor, wenn ein Arbeitnehmer „nach DBA steuerfreien Arbeitslohn“ bezieht.

Der EuGH hat jedoch entschieden, dass die unionsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Artikel 45 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) der obigen deutschen Regelung entgegensteht. Darauf hat das BMF reagiert und am 11.12.2017 ein BMF-Schreiben veröffentlicht:

Demnach sind Vorsorgeaufwendungen bei Arbeitnehmern, die in Deutschland wohnen und in einem EU-Mitgliedsstaat tätig sind und deren Arbeitslohn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von der inländischen Besteuerung freigestellt ist, unter folgenden Voraussetzungen als Sonderausgaben zu berücksichtigen:

Die Vorsorgebeiträge stehen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem EWR Vertragsstaat erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit.

  • Diese Einnahmen sind nach einem DBA in Deutschland steuerfrei.
  • Der Tätigkeitsstaat lässt keinerlei Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Beiträgen im Besteuerungsverfahren zu.
  • Auch das DBA weist die Berücksichtigung der persönlichen Abzüge nicht dem Tätigkeitsstaat zu. Dies ist nur in wenigen DBA der Fall, wie z. B.:
    o Art. 21 Abs. 6 DBA Frankreich (seit 01.01.2016),
    o Art. 24 Abs. 6 DBA Niederlande oder
    o Art. 15 Abs. 7 DBA Österreich

Praxistipp: Deutsche Arbeitgeber sind insbesondere dann betroffen, wenn sie einen in Deutschland wohnenden Arbeitnehmer zu Tätigkeiten in ein EU-/EWR- Land schicken und der Arbeitnehmer mit dem auf diese Tätigkeiten entfallendem Arbeitslohn in Deutschland von der Lohnsteuer befreit wird. Dann weisen die Abrechnungsprogramme (zurzeit) die auf diesen steuerfreien Arbeitslohn entfallenden Vorsorgeaufwendungen nicht aus. Das ist der Fall z. B. bei Arbeitnehmerverleih im Konzern (Wechsel des wirtschaftlichen Arbeitgebers), Tätigkeiten auf einer ausländischen Betriebsstätte des deutschen Arbeitgebers oder bei Überschreiten der 183-Tage-Grenze.

Betroffen sind alle EU-/EWR-Staaten, mit Ausnahme der oben genannten (und Norwegen, weil hier nur das Anrechnungsverfahren greift), da bei diesen Ländern die Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen bereits im Abkommen diesen Ländern zugewiesen wird. Abzuwarten bleibt wie der Nachweis, dass der Tätigkeitsstaat die Beiträge nicht zum Abzug zulässt, gegenüber den Finanzbehörden erbracht werden soll.

Wichtig: Laut BMF greift die vorgenannte Regelung in allen offenen Fällen.

Herausforderung ist: In der Lohnsteuerbescheinigung 2017 sind die auf steuerfreien DBA-Lohn entfallenden Vorsorgeaufwendungen noch nicht zu bescheinigen.

Praxistipp: Stellen Sie betroffenen Arbeitnehmern ein entsprechendes Hinweisschreiben zur Verfügung. In dem Schreiben sollten die Vorsorgeaufwendungen enthalten sein, die der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ganzjährig entrichtet haben. Damit können die Arbeitnehmer die anzusetzenden Beiträge in ihrer persönlichen Einkommensteuerveranlagung 2017 geltend machen.

Die Finanzverwaltung wird in einem BMF-Schreiben zu der geänderten Rechtslage Stellung nehmen. Ab der Lohnsteuerbescheinigung 2018 werden auch die obigen Vorsorgeaufwendungen zu bescheinigen sein, für die der Sonderausgabenabzug zu gewähren ist. Zudem ist eine gesetzliche Anpassung zu erwarten.

 

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