Die „richtigen“ Klauseln in der Arbeitnehmerüberlassung

Bei der Arbeitnehmerüberlassung ist neben dem Arbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher auch das Rechtsverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher vertraglich auszugestalten. § 12 AÜG schreibt hier die zwingende Schriftform vor. Das bedeutet, dass der Vertrag von beiden Parteien eigenhändig zu unterschreiben ist und der gesamte Vertragsinhalt sich aus der Vertragsurkunde selbst ergeben muss.

Gesetzliche Klauselvorgaben
Im Hinblick auf den notwendigen Inhalt von Überlassungsverträgen enthält das AÜG nur geringe Vorgaben. Insbesondere sind die vertraglichen Hauptpflichten von Verleiher und Entleiher nicht näher spezifiziert. Im Regelfall wird die Basis-Pflicht im Vertrag selbst nur allgemein umschrieben und die nähere Spezifizierung der zu überlassenden Arbeitnehmer als Anlage beigefügt. Eine entsprechende allgemeine Überlassungsklausel könnte wie folgt formuliert werden: „Der Verleiher verpflichtet sich, dem Entleiher die in der Anlage x aufgeführten Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in dessen Betrieb vorübergehend zu überlassen. In Anlage x sind die Tätigkeiten, welche die zu überlassenden Arbeitnehmer beim Entleiher ausüben sollen, und Informationen enthalten, welche besonderen Merkmale die für die Arbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche beruflichen Qualifikationen dafür erforderlich sind. Der Verleiher tritt dem Entleiher seine Ansprüche auf Arbeitsleistung gegen die überlassenen Arbeitnehmer mit deren Einverständnis ab. Zwischen Entleiher und überlassenem Arbeitnehmer entsteht durch die Überlassung kein Arbeitsverhältnis.“

Haftung für fehlerhafte Auswahl
Der Verleiher schuldet grundsätzlich lediglich die Auswahl und Überlassung eines für die vorgesehene Tätigkeit geeigneten, durchschnittlichen Arbeitnehmers. Es steht dem Entleiher aber frei, die erforderlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Qualifikationen seinen Anforderungen entsprechend vertraglich festzulegen. Ebenso ist es möglich, ganz konkret die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer zu vereinbaren. Diese Verpflichtung sollte aus Entleihersicht etwa wie folgt abgesichert werden: „Der Verleiher übernimmt die Gewähr, dass die überlassenen Arbeitnehmer für die Ausübung der in diesem Überlassungsvertrag be-zeichneten Aufgaben und Tätigkeiten geeignet sind und die erforderlichen, in diesem Überlassungsvertrag näher spezifizierten Qualifikationen besitzen. Der Verleiher verpflichtet sich zur Vorlage entsprechender Qualifikationsnachweise.“

Die Folgen eines Ausfalls regeln
Je nach Vereinbarung hat der Verleiher für die gesamte Überlassungsdauer die durchgängige Besetzung des Arbeitsplatzes zu gewährleisten. Wenn also der Leiharbeitnehmer (vorübergehend) nicht zur Verfügung steht, ist der Verleiher verpflichtet, einen dem vereinbarten Anforderungsprofil entsprechenden Ersatz zu stellen. Insbesondere wenn die Überlassung eines konkreten, namentlich benannten Arbeitnehmers vereinbart wird, sollte vertraglich geregelt werden, ob der Verleiher auch dann einen geeigneten Ersatzes stellen muss.
Aus Verleihersicht wird in Überlassungsverträgen in der Regel eine darüber hinausgehende Haftung ausgeschlossen und lediglich eine Haftung entsprechend den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen vereinbart, die etwa wie folgt formuliert werden kann: „Über die Auswahl der überlassenen Arbeitnehmer hinaus trifft den Verleiher keine Haftung für die Ausführung der Tätigkeiten durch die überlassenen Arbeitnehmer oder für etwaige von diesen bei Gelegenheit ihrer Tätigkeiten für den Entleiher verursachte Schäden. Der Verleiher haftet insoweit nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.“
Hintergrund ist, dass der Entleiher die Leiharbeitnehmer in seinem Betrieb wie eigene Mitarbeiter einsetzt und die Möglichkeit hat, deren Tätigkeit zu überwachen und diesbezüglich Anweisungen zu erteilen.

Das Direktionsrecht übertragen
Charakteristisch für die Arbeitnehmer-überlassung ist, dass der Verleiher auf den Entleiher das fachliche Direktions-recht überträgt. Das bedeutet, dass der Entleiher ermächtigt sein muss, den Leiharbeitnehmern gegenüber Weisun-gen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistungen zu erteilen, während das disziplinarische Weisungsrecht (Verwarnungen, Abmah¬nungen, Kündigungen) beim Verleiher verbleibt. Dies könnte in folgender Klau¬sel geregelt werden.
Weisungsklausel: „Der Entleiher ist berech¬tigt, den überlassenen Arbeitnehmern alle Weisungen zu erteilen, die nach Art und Umfang in deren Tätigkeitsbereich fallen.“

Durch die Übertragung des fachlichen Weisungsrechts unterscheidet sich die Arbeitnehmerüberlassung von anderen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes, insbesondere von der Personalgestellung kraft Dienst- oder Werkvertrags.

Bei Dienst- oder Werkverträgen kümmert sich der Auftragnehmer selbst um die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen und ist für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Erstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Das fachliche wie das disziplinarische Weisungsrecht verbleiben komplett beim Vertragsarbeitgeber. Dieser Unterschied zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Dienst- oder Werkvertrag ist sehr wichtig.

Entscheidend ist, dass die Vertragsformulierung allein nicht vor den Folgen einer verdeckten, möglicherweise illegalen Arbeitnehmerüberlassung schützt. Es kommt entscheidend auf die tatsächliche Vertragsdurchführung an.

Auch an die Konzession denken
Illegal ist die Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Verleiher nicht über die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis verfügt. Als Rechtsfolge sieht das Gesetz in diesem Fall die Unwirksamkeit des Überlassungsvertrags vor und ordnet an, dass in einem solchen Fall ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande kommt.

Zum Schutz des Entleihers schreibt § 12 Absatz 1 Satz 2 AÜG vor, dass der Verleiher im Überlassungsvertrag zu erklären hat, ob er die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis besitzt. Daher sind in den Vertragstext Informationspflichten. des Verleihers gegenüber dem Entleiher für den Fall aufzunehmen, dass eine ihm erteilte Erlaubnis zurückgenommen, widerrufen oder bei Auslaufen nicht erneut erteilt wird. Die entsprechende Klausel könnte ei etwa wie folgt lauten: „Dieser Überlassungsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Wegfall, Nichtverlängerung, Rücknahme oder Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Soll zwischen Entleiher und einem überlassenen Arbeitnehmern kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis entstehen, stellt der Verleiher den Entleiher von sämtlichen Kosten, die aufgrund und im Zusammenhang mit der Durchführung und Beteiligung eines solchen fingierten Arbeitsverhältnisses entstehen. Dies umfasst Lohn- und Lohnnebenkosten, Abfindungszahlungen sowie auch Gerichts- und Anwaltskosten.“

Equal Treatment berücksichtigen
Ein Equal-Treatment-Gebot muss im Überlassungsvertrag Niederschlag finden. Der Entleiher hat im Vertragstext anzugeben, welche wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts für einen vergleichbaren Arbeitnehmer in seinem Betrieb gelten.
Auch für Entleiher ist Vorsicht geboten, da nicht nur die Leiharbeitnehmer Differenzvergütung geltend machen können, sondern zudem die Sozialversicherungsträger die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verlangen können. Insoweit ist eine Ersatzhaftung des Entleihers für den Fall vorgesehen, dass die Nachzahlung durch den Verleiher nicht geleistet werden kann. Das hat bei der Vertragsgestaltung aus Entleihersicht Beachtung zu finden. Sofern – zumeist aufgrund einzelvertraglicher Verweisklauseln – Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der überlassenen Leiharbeitnehmer Anwendung finden, sind diese im Überlassungsvertrag anzugeben. „Der Verleiher hat in den Arbeitsverträgen mit den überlassenen Arbeitnehmern die Anwendung folgender Tarifverträge (genaue Beschreibung) für die Zeitarbeit vereinbart. Es handelt sich um Tarifverträge im Sinne von §§ 3 Absatz 1 Nummer 3, 9 Nummer 2 und 10 Abs. 4 AÜG.“

Spätere Unwirksamkeit bedenken
Obgleich durch eine Tarifklausel die Angabe der wesentlichen Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb entbehrlich wäre, ist es ratsam, eine entsprechende Erklärung in den Überlassungsvertrag aufzunehmen. Sollte sich – wie im Falle der CGZP Tarife – nachträglich die Unwirksamkeit der Tarifverträge herausstellen, wird hierdurch eine schwierige Klärung und zeitaufwendige Recherche der in der Vergangenheit geltenden Arbeitsbedingungen vermieden.
Der Entleiher kann so einer möglichen Haftung wegen eines Verstoßes gegen seine Informationspflicht von vornherein entgehen. „Gleichwohl macht der Entleiher in der Anlage y die nach § 12 Absatz 1 Satz 3 AÜG erforderlichen Angaben, welche wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts in seinem Betrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gelten.“

Die Entleiherhaftung abmildern
Im Hinblick auf eine mögliche Entleiherhaftung gegenüber der Sozialversicherung bietet sich an, eine Freistellung durch den Verleiher etwa wie folgt zu vereinbaren: „Im Hinblick auf eine etwaige Haftung des Entleihers nach § 28e Absatz 2 SGB IV stellt der Verleiher den Entleiher für den Fall, dass der Entleiher von der Einzugsstelle auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die überlassenen Arbeitnehmer in Anspruch genommen wird, von der Verpflichtung zur Zahlung frei.“

 

Share:

Kategorien

Aktuelle Artikel

Newsletteranmeldung

So bleiben Sie auf dem Laufenden:
Unser Newsletter infor­­miert Sie regel­­mäßig über aktuelle Informa­­tionen.

Ähnliche Beiträge

Kennen Sie KIRA?

Die DRV realisiert derzeit jährliche Nachforderungen im hohen dreistelligen Millionenbereich. Grundlage ist hier die Prüfung