Ansprüche auf Ersatz des Verdienstausfalls für Arbeitnehmer und Selbständige

Hier kommt ganz aktuell die neue Regelung aus den Bund-Länder-Beschlüssen vom 05.01.2021 für betreuungspflichtige Eltern: gemäß dieser soll das Kinderkrankengeld im Jahr 2021 um 10 zusätzliche Tage pro Elternteil (20 zusätzliche Tage für Alleinerziehende) erweitert werden. Der Anspruch soll auch für die Fälle gelten, in denen eine Betreuung des Kindes zu Hause erforderlich wird, weil die Schule oder der Kindergarten bzw. die Klasse oder Gruppe pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt bzw. der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wurde.

Diese Details liegen leider noch nicht ausformuliert vor, wir halten Sie hier informiert.

Anbei erhalten Sie die aktualisierten FAQs des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf die häufigsten Fragen zur Entschädigungsregelung in § 56 IfSG für betreuungspflichtige Eltern und zur Berechnung des Verdienstausfalles.

Da es hier ja auch immer viele Fragen gibt, möchten wir die derzeitigen Fragestellungen hier noch einmal zusammenfassen:

1. Entschädigungsanspruch betreuungspflichtiger Eltern, § 56 Abs. 1a IfSG

In § 56 Abs. 1a IfSG stellt das BMG nun klar, dass unter den Begriff der „Einrichtungen zur Betreuung von Kindern“ neben Kindertagesstätten auch Tagesmütter und andere Einrichtungen in Vereinsform, die die Betreuung übernehmen, fallen.
Der Entschädigungsanspruch setzt voraus, dass die Betreuung auch in Anspruch genommen worden wäre. Die neue Entschädigungsregelung soll auch in Konstellationen des Distanzlernens im Rahmen der häuslichen Umgebung oder bei Hybridunterricht greifen. Gleiches gilt für Fälle einer schrittweisen Öffnung der Betreuungseinrichtungen.

(Not-) Betreuungsangebote
Eltern haben auch dann einen Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG, wenn Betreuungsangebote innerhalb der Schul- bzw. Kita-Ferien (Hortbetreuung während der Ferien, „betreute Grundschule“ und Ähnliches) ausfallen und somit während der Ferien ein ungeplanter Betreuungsbedarf entsteht. Diese Einrichtungen sind in den Ferien nicht im Sinne des § 56 Abs. 1a S. 3 IfSG geschlossen.
Ein Entschädigungsanspruch setzt voraus, dass die Betreuung innerhalb der Ferien auch in Anspruch genommen worden wäre. Wird ein Betreuungsangebot aufgrund der Zugehörigkeit des Kindes oder eines Elternteils zu einer Risikogruppe abgelehnt, besteht kein Anspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG.

Urlaub zur Sicherstellung der Kinderbetreuung
Ob und in welchem Umfang Arbeitnehmer Erholungsurlaub von sich aus in Anspruch nehmen müssen, ist eine Frage der Zumutbarkeit. So dürfte es in der Regel zumutbar sein, den Urlaub aus dem Vorjahr zur Sicherstellung der Kinderbetreuung während der Schließung einzusetzen. Auch bereits vorab verplanter Urlaub, der sowieso während des Zeitraums der Schließung in Anspruch genommen werden sollte, muss verbraucht werden. Arbeitnehmer können demgegenüber nicht verpflichtet werden, ihren gesamten Jahresurlaub für das laufende Kalenderjahr in Anspruch zu nehmen, bevor sie den Entschädigungsanspruch geltend machen können.

Kein Verdienstausfall bei Kinderbetreuung im Homeoffice
Erwerbstätige müssen eine angebotene und ihnen zumutbare Möglichkeit des ortsflexiblen Arbeitens (z. B. Home-Office) nutzen und ihre Kinder selbst betreuen. Der Beurteilung der Zumutbarkeit ortsflexiblen Arbeitens liegt eine zweistufige Beurteilung zugrunde: In einem ersten Schritt sind die tarif- bzw. arbeitsvertraglichen und betrieblichen Regelungen zu beachten sowie die aktuellen betrieblichen Möglichkeiten des ortsflexiblen Arbeitens. Regelmäßig wird es hier um die allgemeine Möglichkeit des mobilen Arbeitens gehen (z. B. ausreichend geeignete Tätigkeiten, keine Anwesenheit im Betrieb erforderlich).
Wenn nach diesem ersten Schritt die Beschäftigung im Homeoffice möglich ist, stellt sich die zweite Frage, ob im Homeoffice eine zumutbare Betreuung oder Pflege möglich ist. Hier ist der Einzelfall zu prüfen.

Verhältnis Kurzarbeitergeld und § 56 Abs. 1a IfSG
Zu einem Konkurrenzverhältnis zwischen Kurzarbeitergeld und dem Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG kann es kommen, wenn zunächst Kurzarbeit angeordnet wird und anschließend die Betreuungseinrichtung oder Einrichtung für Menschen mit Behinderungen schließt. Kurzarbeit „Null“ schließt einen Anspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG aus, weil Eltern ohnehin einen vollständigen Arbeitsausfall haben. Bei sonstiger Kurzarbeit kann eine Kollision nur insoweit entstehen, wie die Eltern weiterhin arbeiten müssen bzw. ein Elternteil weiterhin arbeiten muss.

Einzelfälle mit Auslandsbezug
Nach dem BMG kommt ein Entschädigungsanspruch nur bei Schließungen von den jeweiligen Einrichtungen mit Sitz in Deutschland aufgrund des Infektionsschutzgesetzes durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden in Betracht.

Das Verhältnis zu § 616 BGB bzw. § 19 BBiG
Grundsätzlich gilt eine Erstattung nach IfSG nur, wenn der § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen ist. Ansonsten ist der Arbeitgeber nach § 616 BGB verpflichtet, für eine sogenannte „kurzzeitige Verhinderu ng“ weiterhin Vergütung zu bezahlen und darauf berufen sich die Regierungspräsidien und erstatten daher kein Geld. Das BMG definiert die kurzzeitige Verhinderung im Sinne des § 616 BGB leider nicht, da es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Im Regelfall dürften laut BMG aber jedenfalls fünf Tage als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit anzusehen sein. Bis dato ist uns hier nur das Bundesland Bayern bekannt, das hier den § 616 BGB anwendet und die Erstattung damit nicht vollumfänglich zahlt. Wir stehen hier mit dem BMG in Kontakt und haben versucht, hier eine gesetzliche Klarstellung zu erwirken, das wird leider nicht erfolgen.

Hat ein Auszubildender betreuungspflichtige Kinder und wird die Einrichtung/Schule aufgrund einer behördlichen Anordnung geschlossen, liegt nach dem BMG ein in der Person des Auszubildenden liegender Hinderungsgrund vor. Der Auszubildende hat dann auf Grundlage des § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) BBiG für die Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf seine Ausbildungsvergütung.

2. Neubeginn der Anspruchsdauer

Das BMG geht wohl davon aus, dass der zweite Lockdown keinen Neubeginn der Anspruchsdauer auslöst und verweist in diesem Kontext auf die Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 19/19601, S. 34. Dort führt der Gesetzgeber aus, dass auch über mehrere Schließungen hinweg der Anspruch nur insgesamt höchstens bis zu zehn bzw. zwanzig Wochen geltend gemacht werden kann (bis zum 31. März 2021).

Hinweis: Der Wortlaut des § 56 Abs. 2 S. 4 IfSG lässt offen, wann es zu einem Neubeginn des Anspruchs kommen kann. Aus rechtlicher Sicht ist es zwar vertretbar, dass der „zweite Lockdown“ einen Neubeginn der Anspruchsdauer auslöst. Dann würden die Entschädigungsregelungen vor dem Hintergrund, dass der Anspruch vielfach in Folge des „ersten Lockdowns“ bereits aufgebraucht sein dürfte, ins Leere laufen. Die vom BMG angeführte Gesetzesbegründung steht diesem Verständnis nicht entgegen. Der Gesetzgeber bezieht sich auf mehrere Schließungen. Diese können auch innerhalb eines „ersten Lockdowns“ nötig sein und können nicht mit „mehreren Lockdowns“ gleichgesetzt werden. Wir empfehlen an dieser Stelle, vorab Kontakt mit der zuständigen Behörde aufzunehmen und verbindliche Auskünfte zur konkreten Handhabung einzuholen, ehe man als Arbeitgeber in Vorleistung tritt.

3. Berechnung des Verdienstausfalles, § 56 Abs. 3 S. IfSG

Das BMG stellt klar, dass das Entgeltausfallprinzip bei der Berechnung des Verdienstausfalles gilt. Danach ist das konkret in einem bestimmten Monat entgangene Arbeitsentgelt Bemessungsgröße. § 56 Abs. 3 S. 1 IfSG legt den Schluss nahe, dass bei Arbeitnehmern möglichst das konkret entgehende Arbeitsentgelt ersetzt werden soll. Es darf grundsätzlich nicht pauschaliert auf ein Referenzeinkommen vor Beginn des Beschäftigungshindernisses abgestellt werden.

 

Share:

Kategorien

Aktuelle Artikel

Newsletteranmeldung

So bleiben Sie auf dem Laufenden:
Unser Newsletter infor­­miert Sie regel­­mäßig über aktuelle Informa­­tionen.

Ähnliche Beiträge