Viele Unternehmen ermöglichen ihren Arbeitnehmern den Besuch eines Fitnessstudios. Mal wird dem Arbeitnehmer ein personalisierter Gutschein zum Besuch eines Fitnessstudios übergeben, mal sind es Zugangskarten für die Belegschaft, die sich der einzelne Arbeitnehmer im Betrieb tageweise nehmen kann. Insbesondere die zweite Option wirft immer wieder neue Fragen auf, da Gutscheine ja bis zu einem Betrag von EUR 44,- als zusätzlich gewährt steuerfrei verbleiben.
Wie aber sind Zugangskarten zu händeln, die im Betrieb ausliegen und die Arbeitnehmer sich die Karten je nach individuellen Bedürfnissen und Interessen nehmen dürfen.
Grundlage dazu ist, dass der Arbeitgeber bei einem Fitnessstudio mehrere Mitgliedschaften abgeschlossen hat und diese nicht auf einzelne Arbeitnehmer personalisiert wurden. Auch hier gilt: Bei den zur Verfügung gestellten Mitgliedschaften für Fitnessstudios handelt es sich um einen Sachbezug. Liegt der ermittelte Betrag zusammen mit weiteren Sachbezügen innerhalb der 44-Euro-Sachbezugsfreigrenze, ist der Bezug steuerfrei und beitragsfrei in der Sozialversicherung.
Auslöser für diesen Ansatz ist, dass die Karte ausschließlich zum Bezug von Dienstleistungen berechtigt; damit unterfällt diese der Sachbezugsregelung und ist Arbeitslohn nach § 8 Abs. 1 EStG.
Problematisch in der Praxis ist aber die Erfassung des Kartenwertes: Die Zugangskarten und Mitgliedschaften sind ja nicht auf einzelne Arbeitnehmer personalisiert, daher können die Verträge nicht einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden. Maßgebend für den Sachbezug sind daher u. E. die Tage, an denen die Mitgliedschaften von dem jeweiligen Arbeitnehmer tatsächlich genutzt wurden. Da der Sachbezug auch im Lohnkonto dokumentiert werden muss, empfiehlt es sich, eine Liste zu nutzen, in die sich die jeweiligen Mitarbeiter an den Tagen eintragen, an denen sie das Fitnessstudio nutzen.
Fall 1: Bewertung auf Basis vergleichbarer Endverbraucherangebote
Die Bewertung des Sachbezugs erfolgt nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort. Der Vorteil wird folglich je Arbeitnehmer und je tatsächlichem Nutzungstag mit dem Preis bewertet, den in dem jeweiligen Fitnessstudio eine Tageskarte kosten würde – abzüglich vier Prozent. Dabei darf u. E. die Summe des Vorteils je Monat und Arbeitnehmer nicht den Betrag überschreiten, den eine Monatskarte kosten würde. Bewegt sich der ermittelte Betrag zusammen mit weiteren Sachbezügen innerhalb der 44-Euro-Grenze (ab 01.01.2022: 50-Euro-Grenze – § 8 Abs. 2 S. 11 EStG), erfolgt keine Besteuerung, und es fallen auch keine Sozialabgaben an.
Beispiel: Ein Arbeitgeber hat bei einem Fitnessstudio 30 Mitgliedschaften abgeschlossen (Kosten pro Mitgliedschaft: 99 Euro). Die Arbeitnehmer können sich die Zugangskarten für das Fitnessstudio tageweise ausleihen; dazu unterschreiben sie auf einer Liste und vermerken die Tage. Der Arbeitnehmer A, der keine sonstigen andere Sachbezüge in Anspruch nimmt, nutzt das Studio im August 2021 an sechs Tagen. Die Einzelkarte würde sieben Euro kosten.
Die Nutzung der Zugangskarte als Sachbezug ist bei A im August 2021 steuer- und sozialversicherungsfrei. A ist ausschließlich zum Bezug der Fitnessstudio-Dienstleistungen berechtigt. Der Wert der Dienstleistungen von 40,32 Euro (6 x 7 Euro abzgl. 4 Prozent Abschlag) bleibt wertmäßig innerhalb der 44-Euro-Freigrenze.
PRAXISTIPP Zu dieser Sachverhaltsgestaltung ist — soweit ersichtlich — keine Rechtsprechung vorhanden. Daher empfiehlt sich, zur Absicherung eine kostenlose Anrufungsauskunft nach § 42e EStG beim Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen.
Fall 2: Bewertung auf Basis der Arbeitgeberkosten
Es gibt aber auch Fälle, in denen es keine vergleichbaren Endverbraucherangebote gibt, weil das Fitnessstudio keine Tageskarten anbietet. Hier ist die Bewertung auf Basis der dem Arbeitgeber entstehenden tatsächlichen Kosten zulässig.
In diesem Fall sind u. E. die Gesamtkosten des Arbeitgebers für sämtliche Mitgliedschaften inkl. möglicher Nebenkosten auf die im jeweiligen Monat insgesamt von allen Mitarbeitern genutzten Trainingstage zu verteilen. Bei dem sich ergebenden Betrag handelt es sich um die effektiven Kosten für jeden einzelnen Tag wahrgenommener Nutzung der Mitgliedschaften. Dieser ist als Bewertungsmaßstab für jeden Arbeitnehmer für jeden einzelnen Trainingstag anzusetzen. Ein pauschaler Abschlag von vier Prozent ist nicht möglich.
Dazu wäre die folgende Abwandlung denkbar: Der Arbeitgeber hat bei dem Fitnessstudio 30 Mitgliedschaften abgeschlossen. Alle Arbeitnehmer zusammen haben im August 2021 das Studio an 690 Tagen genutzt. Einzelkarten verkauft das Studio nicht.
Ergebnis: Die Nutzung der Zugangskarte ist bei A im August 2021 steuer- und sozialversicherungsfrei. Die Kosten pro Trainingstag über alle Karten und Arbeitnehmer belaufen sich auf 4,30 Euro (30 x 99 Euro : 690). Bei A ergibt sich ein Nutzungswert von 25,80 Euro (6 x 4,30 Euro). Dieser Betrag bleibt wertmäßig innerhalb der 44-Euro-Freigrenze.