Beschäftigung von Rentnern: Das gilt es sozialversicherungsrechtlich zu beachten

Das Arbeiten über den Rentenbezug ist hinaus längst keine Seltenheit mehr: In Zeiten des Fachkräftemangels auf einen größeren Personalpool zurück greifen zu können, macht viel Sinn: Allerdings ist es nicht ganz so einfach, Rentner zu beschäftigen bzw. Unternehmen müssen sozialversicherungsrechtlich einige Besonderheiten beachten.

Grundsätzlich sind Arbeitgeber sind, die Versicherungspflicht bzw. -freiheit für ihre Beschäftigten zu beurteilen und die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu berechnen und an die zuständige Einzugsstelle abzuführen. Diese Pflicht besteht auch für beschäftigte Rentner.

Arbeitnehmer, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Ausgenommen davon sind die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse. Dies gilt auch für die Beschäftigung von Rentnern.

Geringfügig ist eine Beschäftigung, wenn das monatliche Entgelt die Grenze von 520 Euro nicht überschreitet. Geringfügig ist auch, unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts, eine Beschäftigung, die von vornherein auf nicht mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr befristet ist.

Geringfügige Beschäftigungen sind in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Seit dem 01.01.2013 sind geringfügig entlohnte Beschäftigte grundsätzlich rentenversicherungspflichtig, können sich aber auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Dies gilt auch für beschäftigte Rentner, es sei denn, der Rentner hat bereits die Regelaltersgrenze erreicht und ist aufgrund dessen versicherungsfrei in der Rentenversicherung (mehr dazu unten zur Regelaltersgrenze).

Für geringfügig entlohnte Rentner muss der Arbeitgeber pauschalierte Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zahlen. Die Beitragssätze betragen

  • 13 Prozent zur Krankenversicherung und
  • 15 Prozent zur Rentenversicherung

Wird eine mehr als geringfügige Beschäftigung neben dem Rentenbezug ausgeübt, besteht auch für Rentner grundsätzlich Versicherungspflicht. Je nach Rentenart gibt es aber in den einzelnen Versicherungszweigen Besonderheiten zu beachten.

Altersrenten können als Voll- oder Teilrente gezahlt werden. Der Anteil der Teilrente kann bei den Altersrenten beliebig gewählt werden, solange er mindestens zehn Prozent oder höchstens 99,99 Prozent der Vollrente beträgt.

Mit der Teilrente soll der Übergang in den Ruhestand erleichtert werden. Während einer Teilrente oder einer Altersvollrente erworbene Entgeltpunkte wirken sich mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze rentensteigernd aus. Der Rentenanteil, auf den der Beschäftigte zunächst verzichtet, wird später mit einem geringeren oder ohne Abschlag gezahlt.

Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines beschäftigten Teil- oder Vollrentenbeziehers ist dessen persönliche Regelaltersgrenze. Abhängig davon, ob diese Grenze beim Bezug einer Altersrente bereits erreicht ist, gelten für die Beschäftigung unterschiedliche Regelungen.

Bei der Regelaltersgrenze handelt es sich um die Altersgrenze, ab der Personen ihre reguläre Regelaltersrente abschlagsfrei beanspruchen können. Diese Altersgrenze wird seit dem Jahr 2012 bis zum Jahr 2029 sukzessive vom vollendeten 65. Lebensjahr auf das vollendete 67. Lebensjahr angehoben. Ab dem Geburtenjahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren.

Beispiel: Arbeitnehmer A ist bei der ABC GmbH beschäftigt. Er ist am 06.11.1958 geboren. Sein frühestmöglicher Rentenbeginn bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente ist der 01.12.2021. Seine Regelaltersgrenze erreicht er aber aufgrund der sukzessiven Anhebung der Altersgrenzen erst am 05.11.2024. Sein regulärer Rentenbeginn auf eine abschlagsfreie Rente ist der 01.12.2024. Erst ab diesem Tag gilt Arbeitnehmer A als Person, die eine reguläre Regelaltersrente bezieht.

Für die vorgezogene Altersrente und damit Altersrentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze gilt Folgendes:

Bis zum 31.12.2016 waren Beschäftigte, die eine Altersvollrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen, rentenversicherungsfrei. Der Arbeitgeber hatte für diese Beschäftigten lediglich seinen Arbeitgeberbeitragsanteil zur Rentenversicherung zu zahlen. Mit Wirkung vom 01.01.2017 ist diese Regelung aufgrund des Flexirentengesetz geändert worden. Seither sind Beschäftigte, die nach den allgemeinen Vorschriften rentenversicherungspflichtig sind, vor Erreichen der Regelaltersgrenze auch beim Bezug einer Altersvollrente rentenversicherungspflichtig. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils ihren Beitragsanteil zur Rentenversicherung.

Arbeitnehmer, die am 31.12.2016 wegen des Bezugs einer Altersvollrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze rentenversicherungsfrei beschäftigt waren, bleiben in dieser Beschäftigung im Rahmen einer Bestandsschutzregelung jedoch rentenversicherungsfrei. Der Bestandsschutz endet, wenn die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nach dem am 31.12.2016 geltenden Recht nicht mehr erfüllt werden. Sofern nach der Bestandsschutzregelung die Versicherungsfreiheit fortbesteht, kann der Beschäftigte allerdings gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Der Verzicht kann nur für die Zukunft erklärt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung bindend. Die Verzichtserklärung ist zu den Entgeltunterlagen zu nehmen.

In allen Fällen, in denen Rentenversicherungsfreiheit wegen des Bezugs einer Altersvollrente besteht, hat der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil zu zahlen.

Beispiel: Arbeitnehmer B ist Mitarbeiter der ABC GmbH. Da er früh angefangen hat zu arbeiten, beantragt er zum frühestmöglichen Zeitpunkt seine vorgezogene Altersvollrente mit Abschlägen (Beginn 01.12.2016). Da er aber körperlich fit ist, arbeitet er neben dem Rentenbezug weiter für die ABC GmbH. Sein monatliches Arbeitsentgelt liegt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze. Im Jahr 2023 wechselt die Sachbearbeiterin in der Lohnabrechnung der ABC GmbH. Die neue Bearbeiterin fragt sich, ob für B Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen sind.

Lösung: Da die Beschäftigung vor dem 31.12.2016 aufgenommen wurde, besteht ‒ unabhängig vom Erreichen seiner Regelaltersgrenze ‒ Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung. B profitiert von dem Bestandsschutz. Lediglich der Arbeitgeber hat den Arbeitgeberbeitrag zu zahlen

Diese Fälle entwickeln sich in der Praxis gerne weiter: Da B gerne seine Rente weiter aufstocken möchte fragt er sich, ob er auch auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten kann.

Lösung: Ja, dies ist möglich. B muss gegenüber der ABC GmbH auf die Versicherungsfreiheit verzichten. In diesem Fall muss die ABC GmbH den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag einbehalten und an die Einzugsstelle abführen.

Und auch hier lehrt uns die Praxis weitere Besonderheiten: Da die Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren sehr angestiegen sind, kommt Arbeitnehmer B mit der Rente und dem Gehalt bei der ABC GmbH nicht mehr aus. Er bekommt von der DEF GmbH ein sehr lukratives Jobangebot und kündigt seine Beschäftigung bei der ABC GmbH. Die Beschäftigung bei der DEF GmbH beginnt am 01.05.2023.

Lösung: Da die Beschäftigung nach dem 31.12.2016 begonnen hat, besteht in dieser Beschäftigung Rentenversicherungspflicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils ihren Beitrag zur Rentenversicherung. Der Bestandsschutz aus der Vorbeschäftigung ist erloschen.

Rentenversicherung bei Altersteilrentner

Bezieher einer Teilrente sind dagegen im vollen Umfang rentenversicherungspflichtig. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils ihren Beitragsanteil zur Rentenversicherung. Für die Bezieher einer Teilrente gilt die obige Regelung aufgrund des Flexirentengesetzes nicht.

Arbeitslosenversicherung

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind, unabhängig von der Zahlung einer Altersvoll- oder Teilrente, bis zum Ablauf des Monats zu zahlen, in dem der Beschäftigte die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht hat. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen ihren Beitragsanteil je zur Hälfte.

Krankenversicherung bei Altersvollrentner

Gesetzlich versicherte Vollrentenbezieher haben keinen Krankengeldanspruch. Daher werden die Krankenversicherungsbeiträge paritätisch aus dem ermäßigten Beitragssatz von 14,0 Prozent sowie dem jeweiligen Zusatzbeitragssatz erhoben. Privatversicherte Vollrentenbezieher haben einen Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss.

Krankenversicherung bei Altersteilrentner

Teilrentenbezieher können bei Arbeitsunfähigkeit auch weiter Krankengeld erhalten. Für gesetzlich Versicherte sind paritätisch Krankenversicherungsbeiträge aus dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent sowie dem jeweiligen Zusatzbeitragssatz zu entrichten. Privatversicherte Teilrentenbezieher haben ebenfalls einen Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss.

Pflegeversicherung

Alle Mitglieder, für die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund der Beschäftigung zu zahlen sind, haben auch Beiträge zur Pflegeversicherung aus dem Arbeitsentgelt zu entrichten. Der Beitragssatz beträgt unabhängig von der Rentenart 3,05 Prozent (ab 01.07.2023: voraussichtlich 3,40 Prozent, Gesetzentwurf Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz vom 20.04.2023). Beschäftigte Altersrentner, die privat pflegeversichert sind, haben auch einen Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss.

Für Altersrentner nach erreichter Regelaltersgrenze gilt Folgendes:

Rentenversicherung

Nach Erreichen der Regelaltersgrenze sind Beschäftigte rentenversicherungsfrei. Trotz Rentenversicherungsfreiheit hat der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil zu entrichten, und zwar in derselben Höhe wie für einen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Dieser Rentenbeitrag des Arbeitnehmers wirkt aber nicht rentensteigernd für den Beschäftigten. Der Beitrag ist ein Solidarbeitrag. Der Beitragsanteil für den Beschäftigten entfällt.

Regelaltersrentner können aber auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten und weiter Pflichtbeiträge einzahlen. Die Erklärung ist gegenüber dem Arbeitgeber abzugeben. Durch den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit wirkt sich sowohl der sonst wirkungslos bleibende Arbeitgeberanteil als auch der eigene Beitragsanteil rentensteigernd aus (sog. Flexirente).

Arbeitslosenversicherung

Ab Erreichen der Regelaltersgrenze ist nur der Beitragsanteil des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Für die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2021 entfiel dieser aufgrund des Flexirentengesetzes.

Kranken- und Pflegeversicherung

Es gelten die gleichen Regelungen wie bei einem Rentenbezug vor Erreichen der Regelaltersgrenze.

Rente wegen Erwerbsminderung

Bezieher einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sind in vollem Umfang versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. In der Arbeitslosenversicherung besteht grundsätzlich auch Versicherungspflicht, es sei denn, die Arbeitsagentur hat festgestellt, dass der Rentner wegen seiner Leistungsminderung der Arbeitsvermittlung auf Dauer nicht zur Verfügung steht.

Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung müssen Beiträge zur Kranken-, Pflege und Rentenversicherung entrichten. Da sie keinen Anspruch auf Krankengeld haben, ist in der Krankenversicherung der ermäßigte Beitragssatz zugrunde zu legen. Für die Arbeitslosenversicherung sind keine Beiträge zu entrichten, auch nicht der Arbeitgeberanteil.

Hinterbliebenen- und Erziehungsrenten

Der Bezug von Hinterbliebenen- und Erziehungsrenten hat keinen Einfluss auf die versicherungsrechtliche Beurteilung einer Beschäftigung.

Exkurs: Hinzuverdienstgrenzen seit dem 01.01.2023

Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz (Abruf-Nr. 232810) wurden Änderungen bei den Hinzuverdienstgrenzen eingeführt.

Altersrenten können ab 01.01.2023 unabhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes in voller Höhe bezogen werden. Dies bedeutet, dass Beschäftigte auch vor Erreichen der Regelaltersgrenze seit dem 01.01.2023 unbegrenzt hinzuverdienen dürfen, ohne dass ihnen die Rente gekürzt wird.

Erwerbsminderungsrenten können ab 01.01.2023 unter Beachtung dynamischer Hinzuverdienstgrenzen bezogen werden. Beim Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ergibt sich 2023 eine Hinzuverdienstgrenze von rd. 35.650 Euro, bei Renten wegen voller Erwerbsminderung von rd. 17.820 Euro. Für Erwerbsminderungsrenten gilt weiterhin, dass eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nur im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens ausgeübt werden darf, das Grundlage für die Erwerbsminderungsrente ist. Anderenfalls kann der Anspruch auf die Rente trotz Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen entfallen.

Die neuen Hinzuverdienstgrenzen gelten für alle Rentner, unabhängig vom Zeitpunkt des Rentenbeginns.

Nachfolgend finden Sie auf einen Blick die sozialversicherungsrechtlichen Regeln für die Beschäftigung von Beschäftigung von Rentnern_2022-Übersicht

 

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