Ein Arbeitgeber kann eine Sachleistung, die er dem Arbeitnehmer im Wege einer Gesamtzusage für die Zeit nach Eintritt eines Versorgungsfalls zusätzlich zu einer Betriebsrente verspricht und die er generell auch aktiven Arbeitnehmern gewährt, so gestalten, dass der Versorgungsempfänger nur diejenige Leistung beanspruchen kann, die bei Eintritt des Versorgungsfalls einem aktiven Arbeitnehmer zustand. Das hat das BAG klargestellt.
Im Streitfall hatte eine Verkehrsgesellschaft hatte ihren Arbeitnehmern in der Vergangenheit auf Antrag kostenfreie Fahrausweise gestellt. Die Voraussetzungen für die Bereitstellung der kostenfreien Fahrausweise regelte die Verkehrsgesellschaft in einseitigen Bestimmungen. Die Bestimmungen sahen für Arbeitnehmer, Ehegatten und Rentner bestimmte kostenfreie Fahrausweise vor.
Im Jahr 2015 schloss die Verkehrsgesellschaft mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV 2015). Die BV 2015 sollte „alle vorhergehenden Regelungen und Betriebsvereinbarungen“ zur Bereitstellung von Fahrausweisen ersetzen. Arbeitnehmer erhielten nach der BV 2015 nur noch kostenfreie Fahrausweise einer günstigeren Kategorie. Ehegatten und Rentner erhielten keine kostenfreien Fahrausweise mehr.
Ein Arbeitnehmer meinte, die Verkehrsgesellschaft sei verpflichtet, ihm und seiner Ehegattin lebenslang kostenfreie Fahrausweise der ursprünglichen höheren Kategorie zur Verfügung zu stellen. Die BV 2015 habe die bisherigen Regelungen nicht abgelöst. Die Verschlechterung sei zumindest für die Zeit nach Eintritt in den Ruhestand unverhältnismäßig. Mit dieser Argumentation hatte der Arbeitnehmer keinen Erfolg vor dem BAG.
Das BAG wertete die ursprüngliche Verpflichtung, kostenfreie Fahrausweise zur Verfügung zu stellen, als Gesamtzusage.
Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Als solche ist sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen durchschnittlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird.
Daran gemessen hat die Verkehrsgesellschaft sich verpflichtet, kostenfreie Fahrausweise gemäß den jeweils bei ihr geltenden Bestimmungen zur Verfügung zu stellen. Gemäß den Feststellungen des LAG in der Vorinstanz hatte die Verkehrsgesellschaft allen Arbeitnehmern bei Unterrichtung über die Möglichkeit zur Beantragung kostenfreier Fahrausweise die bei ihr geltenden Bestimmungen wiedergegeben. Es war für alle Arbeitnehmer erkennbar, dass die Zusage nicht dauerhaft unverändert bleiben sollte. Die BV 2015 konnte die Gesamtzusage daher ablösen.
Konkludente Betriebsvereinbarungsoffenheit der Gesamtzusage
Der sich aus der Gesamtzusage ergebende Anspruch war zudem konkludent betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet worden. Die Betriebsparteien konnten somit mit der BV 2015 eine „Verschlechterung“ herbeiführen.
Eine betriebsvereinbarungsoffene Gestaltung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Dies gilt regelmäßig bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einen kollektiven Bezug haben. Mit deren Verwendung macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Gesamtzusagen haben stets einen kollektiven Bezug.
Selbst wenn es sich bei den kostenfreien Fahrausweisen für Rentner um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handeln sollte, greift die BV 2015 nach Ansicht des BAG nicht in gesicherte Besitzstände ein. Die Gesamtzusage war „endbezugsbezogen“ ausgestaltet: Betriebsrentner erhielten die Leistung, die auch aktiven Arbeitnehmern zustand.
Die Mitarbeiter konnten daher nicht davon ausgehen, bei Eintritt des Versorgungsfalls besser gestellt zu werden als aktive Arbeitnehmer. Dies gilt nach Ansicht des BAG jedenfalls für die kostenfreien Fahrausweise, die als Sachleistung zusätzlich neben der Betriebsrente erbracht werden und für die Versorgung der Rentner nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Gesamtzusagen sind regelmäßig betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet und können deshalb durch Betriebsvereinbarungen abgelöst werden. So lassen sich Zusatzleistungen, z. B. Sach- bzw. Nutzungsleistungen, durch eine ablösende Betriebsvereinbarung begrenzen.
Betriebsvereinbarungen können Arbeitgebern helfen, Arbeitsbedingungen zu harmonisieren – sogar zulasten des Arbeitnehmers -, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen mit kollektivem Bezug vorliegen. Dies kann nicht nur bei Gesamtzusagen gelten, sondern auch bei betrieblichen Übungen sowie bei arbeitsvertraglichen Regelungen, etwa zu variabler Vergütung.