In der Praxis ist häufig unklar, mit welchen Themenstellungen die Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) im Unternehmen verbunden ist. Oftmals klingt das alles ganz einfach und die Einrichtung einer bAV scheint nur Vorteile für alle Beteiligten zubehinhalten. Dabei birgt selbst eine scheinbar unkomplizierte Direktversicherung im Wege einer Entgeltumwandlung Risiken. Vor diesen kann man sich aber entsprechend schützen, und dies sollte jedes Unternehmen tun.
Grundsätzlich betrachtet ist das System der bAV klar: Es gibt fünf Durchführungswege, die steuerlich und sozialversicherungsrechtlich auf die eine oder andere Weise gefördert werden und es gibt das Betriebsrentengesetz, das das arbeitsrechtliche Umfeld regelt. Betrachtet man dies jedoch genauer, so zeigt sich wie so oft, dass die Themenstellungen von zahlreichen Gerichtsurteilen flankiert sind.
Falsche Aussagen
Ärgerlich aber wahr: unabhängig davon, was Ihnen als Arbeitgeber zugesagt wurde, hält die jeweilige Versicherung nicht das, was Ihnen und Ihrem Arbeitnehmer versprochen wurde, sind Sie als Arbeitgeber in der Haftung. Sie garantieren die Sicherung der Ansprüche Ihrer Arbeitnehmer gemäß Betriebsrentengesetz.
Insbesondere die Direktversicherung gilt als einer der risikoärmsten und zugleich einfachsten Durchführungswege für bAV. Sie eignet sich sowohl für Kleinstbetriebe als auch für Großkonzerne. Für den schnellen Abschluss halten die Versicherer Standardformulare bereit und bringen damit ihr Produkte zahlreich unter das Volk. Doch die Direktversicherung ist nicht eine Versicherung des Arbeitnehmers, deren Beiträge der Arbeitgeber zahlt. Der Arbeitgeber ist hier sowohl Vertragspartner des Versicherers als auch des Mitarbeiters. Dem Versicherer überweist er lediglich die Prämien, dem Arbeitnehmer gegenüber haftet er für die Erfüllung der zugesagten Versorgungsleistungen. Kann also z.B. der Versicherer wegen Insolvenz die Versicherungsleistung nicht mehr erbringen, muss der Arbeitgeber dafür aufkommen.
Gerade im Fall der Direktversicherung kommt es meist vor, dass ein Arbeitnehmer mit dem Wunsch einer Entgeltumwandlung direkt an den Arbeitgeber herantritt und seinen gewünschten Versicherungsvertrag gleich mitbringt. Viele Arbeitgeber zeichnen diese Verträge; schließlich hat der Beschäftigte ein gesetzliches Anrecht auf Entgeltumwandlung.
Für die Arbeitgeberhaftung spielt es aber keine Rolle, ob der Beratungswunsch vom Arbeitnehmer ausgegangen ist oder ob der Arbeitgeber die Versicherung veranlasst hat. Unter dem Versicherungsvertrag befinden sich Unterschriften des Arbeitgebers (Versicherungsnehmer) und des Arbeitnehmers (versicherte Person). Das arbeitsrechtliche Rechtsverhältnis sorgt (in aller Regel stillschweigend) dafür, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter für alle Beratungsfehler oder –irrtümer in der Haftung steht.
Biometrische Risiken
Nicht selten werden mit einem solchen Vertrag weitere Risiken für den Arbeitnehmer versichert. So gilt eine Invalidenversorgung im Fall einer Berufsunfähigkeit oder die Todesfallabsicherung nahezu als Standard in den Verträgen. Auch hier gilt Zurückhaltung. Eine mangelhafte oder geschönte Beantwortung der Gesundheitsfragen kann im Versorgungsfall dazu führen, dass die Versicherung die im Vertrag zugesagten Leistungen nicht gewährt. In diesem Fall wird klar zwischen den beiden Rechtsverhältnissen (Versicherung – Arbeitgeber und Arbeitgeber – Arbeitnehmer) unterschieden: Die ggf. berechtigte Weigerung des Versicherers auf Zahlung im Vertragsverhältnis zwischen Versicherer und Arbeitgeber führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Verhältnis zum begünstigten Arbeitnehmer ebenfalls nicht zahlen muss. Eine Invalidenversorgung für einen Arbeitnehmer aus den laufenden Mittel des Unternehmens stemmen zu müssen, ist aber ein immenses Risiko. Berufsunfähigkeit und Todesfallrisiken in den Direktversicherungen sollten daher genauestens überprüft oder gar nicht akzeptiert werden.
Recht auf Entgeltumwandlung
Selbstverständlich hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Entgeltumwandlung in Höhe von bis zu 4% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze. In diesem Rahmen ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Mitarbeitern einen Betriebsrentenvertrag in einem der bekannten Durchführungswege zuzugestehen. Der Arbeitgeber muss dabei aber nicht jeden Vorschlag seiner Mitarbeiter übernehmen, sondern kann selbst ein einheitliches System aufsetzen und so eine bunte Mischung an Versicherungsverträgen vermeiden. So bleibt der Arbeitgeber in der Lage, den gesetzlich verankerten Arbeitnehmeranspruch auf Entgeltumwandlung mit einem möglichst haftungsarmen Durchführungskonzept umzusetzen, statt die Entscheidungen zum Durchführungsweg und zum Anbieter dem jeweiligen Arbeitnehmer zu überlassen.
Informationspflicht
Lange waren sich Rechtsprechung und Rechtsliteratur einig: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Mitarbeiter über die Möglichkeiten der Entgeltumwandlung zu informieren. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Unsicherheit ausgeräumt und klargestellt, dass dem Arbeitgeber keine Informationspflicht obliegt.
Portabilität
Die sogenannte Portabilität regelt, wie hoch der Anspruch ist, den der Arbeitnehmer bei Beendigung seines Dienstverhältnisses zu einem neuen Arbeitgeber „mitnehmen“ kann. Für Zusagen ab dem 1.1.2005 hat jeder Arbeitnehmer das Recht, Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds zum neuen Arbeitgeber mitzunehmen. Problematisch gestalten sich an dieser Stelle die von den Versicherungen zu Beginn eines Vertrages in Rechnung gestellten Abschluss- und Verwaltungskosten. Durch dieses Verfahren entsteht erst nach zwei bis drei Jahren ein positiver Rückkaufswert der Versicherungspolice.
Scheidet ein Mitarbeiter bereits nach kurzer Zeit aus dem Unternehmen aus, garantiert ihm die Portabilität, dass er seine verdienten Ansprüche mitnehmen kann. Das Problem einer negativen oder nur geringen Rückkaufssumme wird nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts München ebenfalls auf den Arbeitgeber übertragen. In dem Fall hatte eine Beschäftigte über drei Jahre mehr als 6.000 Euro per Gehaltsumwandlung in eine Lebensversicherung gezahlt. Nach ihrem Ausscheiden sollte sie lediglich einen Rückkaufswert von 639 Euro erhalten. Obwohl die Arbeitnehmerin über die Abschlusskosten informiert war und auch wusste, dass sie bei einer vorzeitigen Kündigung große Verluste haben würde, entschieden die Richter, dass der Arbeitgeber den Verlust ersetzen muss. Den Arbeitgeber träfe insoweit eine „verschuldensunabhängige Treuepflicht gegenüber seinem Mitarbeiter“. Arbeitgeber müssen daher sorgfältig die Angebote der Versicherungsgesellschaften prüfen, da sie gegenüber den Arbeitnehmern Verpflichtungen hinsichtlich der Abschlusskosten haben.