"Pflegebonus" von 4.500 Euro

Schnell gelesen: Begünstigt sind sowohl Voll- als auch Teilzeitkräfte, ebenso Geschäftsführer, Auszubildende, Aushilfen, kurzfristig Beschäftigte und Minijobber. Selbst angestellte Gesellschafter können bis zu 4.500 Euro steuer- und beitragsfrei bis 31.12.2022 erhalten. Bei Vergütungen an Gesellschafter sollte aber das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung bedacht werden.

Der Bundesrat gab am 10.06.2022 grünes Licht für zahlreiche Gesetze. Er hat insbesondere das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz gebilligt, das lohnsteuerrelevante gesetzliche Änderungen mit sich bringt.

Bislang war es allen Arbeitgebern in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 möglich, den bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmern aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuer- und beitragsfrei zu leisten („Phase I“). Nun wurde durch die „Phase II“ in einem neuen § 3 Nr. 11b EStG dies erweitert. Dies gestattet es Arbeitgebern, noch bis zum 31.12.2022 bestimmten Arbeitnehmern nochmals bis zu 4.500 Euro steuer- und beitragsfrei zuzuwenden.

Die Eckdaten

Damit die Leistung des Arbeitgebers bis zur Höhe von 4.500 Euro weder der Besteuerung noch über § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV den Sozialabgaben unterliegt, müssen sechs Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Die Leistung des Arbeitgebers erfolgt an einen seiner Arbeitnehmer,
  2. der in einer besonderen Einrichtung des Infektionsschutzgesetzes tätig ist,
  3. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn,
  4. in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022,
  5. zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise und,
  6. die Leistung beträgt nicht mehr als 4.500 Euro (Höchstbetrag)

Beispiel

In einem Krankenhaus sind 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Betreiber des Krankenhauses möchte den Arbeitnehmern als Anerkennung für die unermüdlichen Leistungen während der Corona-Krise eine Prämie zahlen.

Lösung: Bis zum 31.12.2022 kann das Krankenhaus den neuen § 3 Nr. 11b EStG nutzen. So können jedem Arbeitnehmer bis zu 4.500 Euro steuer- und beitragsfrei zugewandt werden.

PRAXISTIPP: § 3 Nr. 11a EStG und der neue § 3 Nr. 11b EStG schließen sich nicht gegenseitig aus. Arbeitnehmer können von beiden Vorschriften profitieren und so insgesamt bis zu 6.000 Euro vom Arbeitgeber steuer- und beitragsfrei erhalten.

Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 11b EStG im Detail

Der neue § 3 Nr. 11b EStG setzt wie oben beschrieben auf sechs Voraussetzungen, die sich im Detail wie folgt darstellen:

1. Leistung an einen Arbeitnehmer

Es sind nur Leistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer begünstigt. Von § 3 Nr. 11b EStG profitieren daher neben normalen Voll- und Teilzeitkräften auch Minijobber und Auszubildende. Selbst Gesellschafter-Geschäftsführer können in den Genuss der steuer- und beitragsfreien Prämie gelangen. Nicht davon profitieren hingegen freiberufliche Mitarbeiter, sie sind keine Arbeitnehmer.

2. Tätigkeit des Arbeitnehmers in einer bestimmten Einrichtung

Für die Steuer- und Beitragsfreiheit muss der Arbeitnehmer in einer Einrichtung i. S. v. § 23 Abs. 3 Nr. 1 bis 4, 8, 11 oder Nr. 12 IfSG oder des § 36 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 7 IfSG tätig sein. Der Arbeitnehmer muss seine berufliche Tätigkeit also z. B. in einem Krankenhaus, einer Einrichtung für ambulantes Operieren, einer Dialyseeinrichtung, einer Arzt- oder Zahnarztpraxis, einem ambulanten Pflegedienst, einer ambulanten Intensivpflege, einem Rettungsdienst oder einer nicht unter § 23 Abs. 5 S. 1 IfSG fallende voll- oder teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen erbringen.

Da es auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers ankommt, können selbst Verleiher von Leiharbeitnehmern eine nach § 3 Nr. 11b EStG begünstige Leistung erbringen. Voraussetzung ist, dass der Leiharbeitnehmer in einer entsprechenden Einrichtung (z. B. Krankenhaus) tätig ist, also eine Entleihung an einen Krankenhausbetreiber erfolgt. Gleiches gilt für im Rahmen eines Dienstleistungs- oder Werkvertrags bei anderen Personen eingesetzte Arbeitnehmer.

3. Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

Nur zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers können von § 3 Nr. 11b EStG begünstigt sein. Damit gilt insbesondere bei einem Gehaltsverzicht oder bei einer Gehaltsumwandlung keine Steuer- und Beitragsfreiheit. Die Leistung muss vielmehr „on top“ erfolgen.

Wann die Leistung diese Voraussetzung erfüllt, definiert § 8 Abs. 4 EStG. Danach werden Leistungen immer dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  • die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  • der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  • die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  • bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Bereits wenn einer der Punkte mit „Ja“ beantwortet wird, liegt keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistung vor. Damit wäre die Anwendung des § 3 Nr. 11b EStG ausgeschlossen.

4. Leistung vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022

Die Begünstigung gilt nur für Leistungen in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022. Arbeitgeber müssen also noch im Jahr 2022 handeln, um die Begünstigung in Anspruch nehmen zu können.

5. Zahlung zur Anerkennung besonderer Leistungen

Die Steuerbefreiung ist dafür gedacht, die von den Arbeitnehmern während der Corona-Krise erbrachten besonderen Leistungen zu honorieren. Deshalb muss zwischen der Zahlung und den Arbeitsleistungen während der Corona-Krise eine Verbindung bestehen.

Es sollte deshalb zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung getroffen werden, aus der erkennbar ist, dass mit der Zahlung die besonderen Leistungen während der Corona-Krise honoriert werden.

Musterformulierung / Anerkennung besonderer Leistungen

Die Gewährung der einmaligen Zahlung (in Höhe von … Euro) erfolgt durch … (Arbeitgeber) freiwillig als sonstige Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. Die Zahlung soll die von … (Name Arbeitnehmer) erbrachten besonderen Leistungen während der Corona-Krise honorieren und anerkennen. Dies wären insbesondere … (Beispiele, z. B. der unermüdliche Arbeitseinsatz trotz der ständigen Gefahr einer Infektion in dem Krankenhaus). Eine Steuer- und Beitragsfreiheit der Zahlung ist in § 3 Nr. 11b EStG begründet.

6. Höchstbetrag von 4.500 Euro

Leistungen des Arbeitgebers berechtigen nur insoweit zur Anwendung des § 3 Nr. 11b EStG, wie diese den Höchstbetrag von 4.500 Euro nicht überschreiten. Leistet ein Arbeitgeber z. B. 5.000 Euro, kann für 4.500 Euro die Begünstigung genutzt werden. Die verbleibenden 500 Euro unterliegen der Besteuerung und den Sozialabgaben.

Der Arbeitgeber kann die Zahlung splitten (z. B. Auszahlung in mehreren Teilbeträgen) oder er kann seinen Arbeitnehmern nur einen Bruchteil des Höchstbetrags gewähren (z. B. 1.000 Euro). Weiterhin kann die Leistung des Arbeitgebers nicht nur in Geld, sondern auch in einer Sachleistung bestehen (z. B. kostenloser Urlaub). Bezüglich des Höchstbetrags ist die Sachleistung dann in einen Geldbetrag umzurechnen (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG).

PRAXISTIPP: Hat ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitsverhältnisse, kann er mehrfach von dem Höchstbetrag profitieren. Denn dieser gilt je Arbeitsverhältnis. Ein Arbeitnehmer mit zwei Arbeitsverhältnissen im Pflegebereich kann also 4.500 Euro aus jedem Arbeitsverhältnis, insgesamt also 9.000 Euro, steuer- und beitragsfrei erhalten.

Zahlungen sind auch sozialversicherungsfrei

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV sind die steuerfreien Beträge auch beitragsfrei. Soweit Arbeitgeber bereits im Jahr 2021 Prämien ausgezahlt und diese versteuert haben, können die Arbeitnehmer die Steuerfreistellung im Rahmen Ihrer Einkommensteuerveranlagung geltend machen. Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung dürfte aber nicht rückwirkend änderbar sein.

 

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