20 Jahre Entgeltfortzahlungsgesetz

Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), welches die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei Arbeitsunfähigkeit und vor allem die Lohnfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen regelt, besteht erst seit 20 Jahren in der heutigen Form.
Vielleicht liegt es daran, dass dieses Thema immer wieder Fragen und Diskussionen aufwirft, die wir gerne in diesem Artikel zusammenfassend beantworten möchten.

Mitteilungs- und Attestpflicht
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist gesetzlich fixiert, muss aber durch den Arbeitnehmer nachgewiesen werden, der Ihnen als Arbeitgeber unverzüglich die eingetretene Arbeitsunfähigkeit mitteilen und den Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit erbringen muss.
Dabei soll die Information vor allem auch deren voraussichtliche Dauer umfassen und vor Arbeitsbeginn bzw. in den ersten Arbeitsstunden erfolgen. Die Meldung kann mündlich, telefonisch, per Fax, E-Mail oder auch SMS erfolgen. Wichtig ist, dass bei einer unerwartet längeren Arbeitsunfähigkeit eine erneute Information an den Arbeitgeber zu erfolgen hat.
Keinesfalls aber muss ein Arbeitnehmer Angaben über Art und Ursache seiner Erkrankung mitteilen, ausgenommen Sonderfälle, die z.B. eine hohe Ansteckungsgefahr implizieren und daher besondere Schutzmaßnahmen im Betrieb erforderlich machen oder wenn der Arbeitgeber genauere Informationen zur Berechnung des Entgeltfortzahlungszeitraums benötigt.
Sollte die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers aufgrund eines unverschuldeten Unfalls entstanden sein und daher Ansprüche gegen Dritte rechtfertigen, so ist der Arbeitnehmer ebenfalls dazu angehalten, seinen Arbeitgeber darüber zu informieren.
Meldet sich ein Arbeitnehmer wiederholt nicht ordnungsgemäß krank, so kann dies eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen.
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer, sofern es keine abweichenden betrieblichen Regelungen gibt, am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit – dabei zählen Wochenend- und Feiertage mit – eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.
Es ist darüber hinaus zulässig, die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung generell oder von einzelnen Arbeitnehmern auch schon ab dem ersten Tag der Erkrankung zu verlangen; insbesondere, wenn wiederholt Kurzerkrankungen auftreten oder aber die Krankheitstage auffällig häufig am Beginn oder Ender der Arbeitswoche anfallen.
Möchten Sie als Arbeitgeber generell die Krankmeldungen ab dem ersten Tag vorliegen haben, so empfiehlt sich die Aufnahme dieser Pflicht in den Arbeitsvertrag bzw. bei Vorhandensein eines Betriebsrates ist dessen Mitbestimmungsrecht zu beachten.

Entgeltfortzahlungszeitraum
Sofern vertraglich kein längerer Zeitraum vereinbart ist, wird Entgeltfortzahlung pro Erkrankung für maximal sechs Wochen bezahlt. Erkrankt der Arbeitnehmer, während er noch arbeitsunfähig ist, an einer neuen Krankheit (z.B. erkrankt ein Arbeitnehmer an einer Erkältung während er mit einer Blinddarmentzündung krankgeschrieben ist), verlängert sich der Sechswochenzeitraum nicht. Erkrankt der Arbeitnehmer aber erst nach dem Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit erneut an einer anderen Krankheit, z.B. bricht sich Ihr Mitarbeiter das Bein, nachdem er zuvor eine Grippe hatte, beginnt ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch.
Durch diese Berechnungen kann es zu sehr langen Entgeltfortzahlungszeiträumen kommen. Die Lohnfortzahlung ist also je Krankheitsfall auf sechs Wochen begrenzt. Bei einer erneuten Erkrankung sind dann zwei Zeiträume zu überwachen;
1. der Sechsmonatszeitraum: erfolgt innerhalb von sechs Monaten nach Ender der Arbeitsunfähigkeit eine weitere gleichgeartete Erkrankung, ist das Entgelt bis zur Gesamtdauer von sechs Wochen fortzuzahlen, eine Verlängerung erfolgt nicht. Wurde also im Rahmen der ersten Erkrankung bereits für sechs Wochen Lohnfortzahlung geleistet, so erfolgt bei der zweiten Erkrankung keine Entgeltfortzahlung mehr.
2. der Zwölfmonatszeitraum: wenn seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit ein Jahr vergangen ist und der Arbeitnehmer erst dann erneut an derselben Krankheit erkrankt, erfolgt wieder eine Entgeltfortzahlung.
Um die mit der Entgeltzahlungspflicht verbundenen Leistungen korrekt abzuwickeln, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Krankenkassen unabdingbar.

Höhe der Entgeltfortzahlung
Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung gilt das Lohnausfallprinzip. Das bedeutet, der erkrankte Arbeitnehmer erhält das Entgelt, das er erhalten hätte, wenn er im maßgeblichen Zeitraum gearbeitet hätte. Dazu zählen Sonn- und Feiertagszuschläge, nicht aber die Vergütung für gelegentliche Überstunden, Schmutz- oder Erschwerniszulagen, da diese nur entstehen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet. Bei einem Akkord- oder Prämienlohn wird vom erzielbaren Durchschnittsverdienst ausgegangen.
Während des Entgeltfortzahlungszeitraums ist der vertraglich zugesagte Firmenwagen weiterhin zur Verfügung zu stellen. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums könnte der Firmenwagen zurück verlangt werden. Im Regelfall aber verbleibt dieser beim Mitarbeiter und nur die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte werden „gestrichen“, da diese im Krankheitsfall ja nicht entstehen.

Krank an Feiertagen und im Urlaub
Erkrankt ein Arbeitnehmer an einem Feiertag, hat er Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung. Fehlt er jedoch am Tag vor oder nach dem Feiertag unentschuldigt, entfällt der Anspruch. Wird ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs krank und weist er dies durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach, konnte der Urlaub nicht angetreten werden und der Urlaubsanspruch ist entsprechend neu zu gewähren. Allerdings ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, den Urlaub eigenmächtig um die durch die Krankheit ausgefallenen Tage eigenmächtig zu verlängern.

Zu krank um Arbeiten, aber nicht für einen Spaziergang?
Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer muss alles tun um seine Gesundheit so schnell wie möglich wieder herzustellen. Was aber ist hier die jeweils richtige Maßnahme, die den größten Nutzen für die Genesung hat?
Bei einem Beinbruch kann ein Arbeitnehmer also durchaus in seinem Garten in der Sonne sitzen. Bei einer Erkältung kann ein Spaziergang im Freien nicht zwingend als gesundheitswidrig gelten. Hier wird es aber schon deutlich schwieriger, den Sachverhalt korrekt einzuschätzen.
Wichtig ist, dass bei einem nicht gesundheitsfördernden Verhalten sogar eine außerordentliche Kündigung denkbar ist, wenn man beispielsweise einen Mitarbeiter auf einem Schützenfest trifft, der angeblich mit schwerer Hirnhautentzündung zu Hause liegt.
Aufgrund der Schwierigkeit der Einschätzung dürfen Sie als Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters anzweifeln und die Entgeltfortzahlung einstellen. Sie müssen diese Zweifel dann aber untermauern oder durch einen Besuch des arbeitsmedizinischen Dienstes nachweisen können.

 

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